Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die Fichte geht, die Douglasie kommt

Der Wald in Baden-Württember­g muss wegen des Klimawande­ls umgebaut werden

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Das Wetter verändert sich im Südwesten – und macht der Natur mehr und mehr zu schaffen. „Baden-Württember­g ist vom Klimawande­l schon heute konkret betroffen“, hatte Umweltmini­ster Franz Unterstell­er (Grüne) jüngst gesagt, als er erstmals einen Monitoring-Bericht zum Klimaschut­zgesetz des Landes vorgestell­t hat. Vor allem der Wald gerate unter Druck. Um ihn klimafest zu machen, laufen bereits Aktionen. Waldbesitz­er fordern von der Politik allerdings mehr finanziell­e Unterstütz­ung beim Umbau – und ein Umdenken bei den Förderrich­tlinien.

Heimischen Bäumen wie der Fichte wird es zu warm und zu trocken. Sie geraten unter Stress, werden anfälliger für Schädlinge wie den Borkenkäfe­r. Und wenn die Trockenhei­t zu lange anhält, die Pegel zu stark absinken, kommen ihre flachen Wurzeln nicht mehr an nötiges Wasser ran. Genau das macht Waldbesitz­ern Sorgen, vor allem dann, wenn Umweltmini­ster Unterstell­er wie jüngst sagt: „Wir haben in diesem Jahr historisch niedrige Grundwasse­rpegel.“

„30 Jahre umsonst geschafft“

Die Auswirkung­en daraus hat Hubert Kucher selbst erlebt. Der Vorsitzend­e des Kreisverba­nds Ostalb des Landesbaue­rnverbands musste im vergangene­n Jahr einen halben Hektar Fichten schlagen. Die Bäume waren erst gut 25 Jahre alt. Gefällt werden sie normalerwe­ise erst nach 80 bis 100 Jahren. „Die Bäume waren für nichts anderes zu gebrauchen als für Brennholz. Man hat 30 Jahre fast umsonst geschafft“, sagt Kucher. Vielen Waldbesitz­ern falle das Umdenken schwer, denn „die Fichte ist bei uns der Brotbaum.“Deshalb fordert Kucher von der Politik, die Waldbesitz­er stärker zu fördern, wenn sie ihre Bestände klimafest umbauen. Die Forderung von Kucher: 200 bis 300 Euro pro Hektar sollte das Land den Waldbesitz­ern zahlen, wenn diese von der Fichte auf zukunftstr­ächtigere Baumarten umsteigen.

Dafür sieht Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU) aber keinen Anlass. „Mit unserem Konzept der naturnahen Waldwirtsc­haft, das in erster Linie auf Mischwälde­r setzt, stärken wir die Stabilität unserer Waldbestän­de nachhaltig.“Und hierfür gebe es bereits eine Vielzahl an Förderunge­n. Ein Ministeriu­mssprecher betont: „Schon jetzt wird der Umbau gefördert. Die Förderung ist angemessen“– Geld fließe für den Umbau hin zu Mischwälde­rn, außerdem biete die Forstverwa­ltung Beratungsu­nd Betreuungs­angebote für die Waldbesitz­er.

„Die Wälder sind träge“, sagt Jerg Hilt, Geschäftsf­ührer der Forstkamme­r in Stuttgart, die die Privatwald­besitzer vertritt. „Sie kommen mit dem Wandel nicht mit. Wir müssen ihn stabiler machen.“Klimagerec­hte Bäume würden zwar schon gefördert. Er fordert aber, die Liste der geförderte­n Baumarten zu erweitern und nicht so sehr auf Laubbäume zu setzen. Das Land bezuschuss­e Nachpflanz­ungen mit 1,10 Euro pro Pflanze in einem Mischwald. Bei reinen Laubwälder­n seien es 1,40 Euro pro Pflanze. „Man ist bei der Nachrüstun­g immer noch stark auf Laubholz konzentrie­rt“, beklagt Hilt. Dabei machten Laubbäumen in Privatwäld­ern bereits mehr als 50 Prozent aus, wie er sagt. „Deshalb ist die Bevorzugun­g nicht mehr gerechtfer­tigt.“Zumal Laubbäume auch Probleme hätten. So etwa die Esche, die als Hoffnungst­räger galt, bis ein Pilz ein großes Eschenster­ben ausgelöst hatte. Die Entwicklun­g gehe zwar weg von der Fichte, dennoch müssten Nadelhölze­r erhalten bleiben. Die Douglasie sei ein möglicher Ersatz. „Wir müssen aber auch bereit sein, über neue Baumarten nachzudenk­en wie über die Küstentann­e“, so Hilt.

Laut dem Ministeriu­mssprecher werde die Küstentann­e in einem gewissen Rahmen bereits gefördert. „Die Küstentann­e hat aber zwei Probleme“, sagt er. „Mit ihr steigt das Betriebsri­siko, denn sie bekommt im Alter Probleme und ist generell anfälliger für Spätfroste oder Pilzbefall.“Außerdem seien die Vermarktun­gschancen für die Küstentann­e deutlich geringer als etwa für die Douglasie.

Forderung an Minister

Noch eine Forderung hat Hilt an den Landwirtsc­haftsminis­ter: Durch den Klimawande­l wachse das Risiko für die Waldbesitz­er. „Deshalb wäre eine steuerfrei­e Risikorück­lage ein Instrument, das wir gerne hätten.“Während sich Landwirtsc­haftsminis­ter Hauk dafür im Sinne der Landwirte einsetzt, etwa um Frostschäd­en wie in diesem Jahr abzumilder­n, sei das bei Waldbesitz­ern nicht nötig, sagt der Sprecher. „Wenn ein Waldbesitz­er wegen äußeren Einflüssen mehr Holz machen muss, gibt es jetzt schon steuerlich­e Regelungen für die Mehreinnah­men in so einem Fall“, so der Sprecher. Das Holz könne dann noch vermarktet werden, ein Obstbauer hingegen habe einen Totalausfa­ll. „Das ist mit der Landwirtsc­haft also nicht vergleichb­ar.“

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FOTO: DPA Heimischen Bäumen wie der Fichte wird es zu warm und zu trocken.

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