Schwäbische Zeitung (Biberach)
Risiko Handelskrieg
Zölle und Sanktionen zwischen China und den USA treffen auch Deutschlands Wirtschaft
FRANKFURT - Zwischen China und den Vereinigten Staaten scheint ein Handelskonflikt möglich. Er würde auch Deutschland treffen. Vielleicht positiv, wahrscheinlich aber negativ.
Amerikas Präsident Donald Trump hatte am Montag seinen Handelsbeauftragten angewiesen, den Umgang Chinas mit geistigem Eigentum zu untersuchen. Dass er dabei Verfehlungen entdecken wird, dürfte klar sein. Jedenfalls nach hiesiger Erfahrung: In Deutschland wird jährlich der „Plagiarius“vergeben, ein hässlicher Zwerg mit goldener Nase – weil die sich der verdient, der geistiges Eigentum klaut.
Ob Bürostuhl, Druckmessgerät oder Waschtischmischer – dieses Jahr waren Produktpiraten aus China wieder mal prominent vertreten unter den Empfängern des Negativpreises. Sollte Amerikas Handelsbeauftragter Robert Lighthizer solche Missstände auch in den Staaten entdecken, drohten Handelssanktionen, ließ Trump wissen.
Die Reaktion aus China ließ nicht lange auf sich warten. Peking drohte den Vereinigten Staaten gestern mit Gegenmaßnahmen. China werde nicht „tatenlos herumsitzen", ließ das Handelsministerium wissen. Die deutsche Wirtschaft ist beunruhigt. „Ein Streit zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt hätte auch für die deutsche Wirtschaft negative Auswirkungen", hat DIHK-Präsident Eric Schweitzer der „Neuen Osnabrücker Zeitung" gesagt.
Zwar hat Donald Trump schon viel angekündigt, aber wenig umgesetzt. Auch dürfte er China als politischen Partner brauchen, sollte der Konflikt mit Nordkorea sich weiter verschärfen. Ein Handelskrieg sei deshalb unwahrscheinlich, sagt Marco Wagner, Volkswirt bei der Commerzbank. Außerdem befürworteten ja nicht alle amerikanischen Unternehmen Handelsrestriktionen gegenüber China: „Es gibt ja durchaus etliche US-Unternehmen, die Lizenzen in China verkaufen möchten. Und die finden alle Restriktionen gegenüber dem asiatischen Land natürlich nicht so gut.“ Ein Mitarbeiter baut in Xiamen (China) im Werk der Kion Gruppe einen Gabelstapler der Marke Linde zusammen. Ein Handelskrieg zwischen China und den Vereinigten Staaten könnte negative Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft haben.
Aber es besteht ein Restrisiko, dass der Handelsstreit doch kommt. Der kann natürlich unterschiedliche Ausmaße annehmen. Wenn die Amerikaner nur Importe aus China beschränken, dann könne die deutsche Wirtschaft durchaus profitieren. Dann werde es eine „Handelsumlenkung“, geben, erklärt Wagner: „Dann wird eben der Stahl nicht mehr aus China importiert, sondern muss von irgendwo anders aus der Welt bezogen werden.“Zum Beispiel aus Deutschland.
Es darf nirgends stocken
Anders wäre es, wenn Präsident Trump über Nadelstiche gegen chinesische Importe hinausginge. Dann könnte die deutsche Wirtschaft schon negativ betroffen sein. Ihr ist daran gelegen, dass es allen ihren Handelspartnern gut geht, dass es nirgends stockt und sie damit die Nachfrage ihrer Kundschaft weltweit
bedienen kann. Deshalb hatte DIHK-Präsident Schweitzer warnend den Finger gehoben.
Die Zahlen dazu: China exportiert in die Vereinigten Staaten Waren im Wert von 462,6 Milliarden Dollar. Damit gehen 18,3 Prozent aller Exporte in die Vereinigten Staaten. Umgekehrt sind das 21,4 Prozent aller Einfuhren in die USA. Es sind vor allem Konsumgüter, die China verkauft. Und beim DIHK stellt man dann die eher rhetorische Frage, auf welchen Maschinen denn diese Konsumgüter wohl produziert würden? Oft sind es nicht nur nach China exportierte Maschinen aus Deutschland sondern gar Töchter deutscher Unternehmen, die in China für den chinesischen Export schaffen.
Zu den Wirkungen von Zöllen auf chinesische Konsumgüter gehören natürlich – von Gegenmaßnahmen abgesehen – die Rückkopplungen in den Vereinigten Staaten. Zölle machen
Importe teurer: „Die große Mehrheit der amerikanischen Konsumenten wird unter dieser Politik leiden, und zwar insbesondere die unteren Einkommensgruppen“, sagt Professor Stefan Kooths, Leiter des Prognosezentrums beim Institut für Weltwirtschaft in Kiel, über die Handelspolitik Trumps: „Der Millionär in Manhattan ist nicht auf billige TShirts–Importe angewiesen.“
Wenn höhere Preise für Konsumgüterpreise wirklich gezahlt würden, könnten die Amerikaner noch im bisherigen Umfang deutsche Autos kaufen? Das fragt man sich beim DIHK. Mit China und mit Amerika, tauscht die deutsche Wirtschaft ein Handelsvolumen von jeweils knapp 170 Milliarden Euro aus, insgesamt 335 Milliarden Euro. Sie stehen für gut 15 Prozent des gesamten Außenhandels. Der DIHK-Präsident ist überzeugt: Ein Handelskrieg kenne nur Verlierer.