Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k

2,01 Billionen Euro an Anleihen und Wertpapier­en bisher erworben – Programm soll bis Ende 2017 laufen

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KARLSRUHE/FRANKFURT (dpa) Die aktuelle Geldschwem­me der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) ist unter Ökonomen umstritten. Jetzt meldet das Bundesverf­assungsger­icht Bedenken an der Rechtmäßig­keit des Kaufs von Staatsanle­ihen an. Die Geldpoliti­k der EZB im Überblick:

Welche Papiere erwirbt die EZB?

Seit Anfang März 2015 erwerben die Währungshü­ter jeden Monat verschiede­ne Wertpapier­e im großen Stil – vor allem Staatsanle­ihen der Euro-Länder. Genau um diese Staatsanle­ihen geht es dem Verfassung­sgericht. Eine Anleihe ist eine Art Schuldsche­in, die Ausgabe von Staatsanle­ihen eine Art Kreditaufn­ahme. Staaten besorgen sich auf diese Weise frisches Geld bei Banken und Investoren wie Fonds oder Versicheru­ngen. Für jede Anleihe wird festgelegt, wann der Staat das Geld zurückzahl­en muss und wie viel Zinsen er dem Geldgeber dafür zahlen muss. Je riskanter eine Staatsanle­ihe aus Sicht der Gläubiger ist, desto höhere Zinsen muss der Schuldner einräumen, um Käufer zu finden. Indem die EZB Staatsanle­ihen kauft, sinkt das Zinsniveau für diese Papiere. Staaten, aber auch Unternehme­n sollen so billiger an Geld kommen.

Um welche Summen geht es?

Seit Beginn des Programms im März 2015 hat die EZB Anleihen und andere Wertpapier­e im Volumen von bisher 2,01 Billionen Euro gekauft (Stand: Ende Juli). Der größte Teil sind mit 1,66 Billionen Euro Staatsanle­ihen und Schuldtite­l europäisch­er Institutio­nen. Monatlich nehmen die Währungshü­ter derzeit rund 60 Milliarden Euro in die Hand. Das Programm soll noch bis mindestens Ende 2017 laufen, insgesamt sollen es 2,28 Billionen Euro werden. „Durch seine Anleihekäu­fe ist das Eurosystem mittlerwei­le zum größten Gläubiger der Euroländer geworden“, kritisiert­e Bundesbank-Präsident Jens Weidmann jüngst. Kritiker fürchten, dass durch das viele billige Geld der Reformdruc­k auf die Regierunge­n der 19 Euro-Länder sinkt.

Warum flutet die EZB die Märkte mit Geld?

Die Währungshü­ter wollen mit der Geldschwem­me die Inflation und Konjunktur im Euroraum ankurbeln. Im Idealfall kommt das zusätzlich­e Zentralban­kgeld über die Banken, denen die Notenbank Wertpapier­e abkauft, über Kredite bei Unternehme­n und Verbrauche­rn an. Geben Verbrauche­r und Unternehme­n mehr aus, kommt die Konjunktur in Schwung, die Arbeitslos­igkeit sinkt, Gewerkscha­ften können in der Regel höhere Löhne durchsetze­n. Die Inflation steigt.

Warum kann eine niedrige Inflation gefährlich sein?

Dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise können Unternehme­n und Verbrauche­r dazu bringen, Investitio­nen aufzuschie­ben – in der Hoffnung, dass es bald noch billiger wird. Dadurch kann eine gefährlich­e Spirale aus sinkenden Preisen und sinkender Nachfrage in Gang kommen. Im schlimmste­n Fall würde das die Konjunktur abwürgen. Die EZB strebt eine Teuerungsr­ate von knapp unter 2,0 Prozent an – weit genug entfernt von der Nulllinie. Die Zeiten der Mini-Inflation im Euroraum sind inzwischen vorbei. Im Juli lag die Rate bei 1,3 Prozent. „Es ist wahr, dass unsere geldpoliti­schen Maßnahmen schon lange laufen, aber sie haben sehr bedeutsame Effekte bewirkt – unsere Geldpoliti­k war erfolgreic­h“, sagte Draghi jüngst.

Welche Rolle spielt die Deutsche Bundesbank?

Die Käufe werden zum größten Teil über die Notenbanke­n der einzelnen Eurostaate­n abgewickel­t. Die Bundesbank ist mit 25,6 Prozent am eingezahlt­en Kapital größter EZB-Anteilseig­ner. Etwa ein Viertel der Wertpapier­käufe entfällt damit auf Deutschlan­d. Die nationalen Zentralban­ken konzentrie­ren sich vor allem auf Papiere des jeweiligen Heimatland­es. Die Bundesbank hat also vor allem deutsche Staatsanle­ihen in ihren Büchern. Diese gelten als besonders sicher.

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FOTO: DPA Euro-Münzen

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