Schwäbische Zeitung (Biberach)

Sprachen lernen sich im Ausland leichter

Organisier­te Reisen bieten Mischung aus Büffeln und Freizeitpr­ogramm

- Von Wolfgang Mulke

Schüler wollen zumeist nach England oder Malta. Vorsicht ist bei Vermittler­n von Sprachreis­en angezeigt. Im Durchschni­tt kosten zwei Wochen 1349 Euro alles inklusive.

An manchem Morgen fällt es den Schülern im englischen Seebad Torquay schwer, sich für den Besuch ihrer Sprachschu­le zu begeistern. Die nahe Küste reizt zu sehr. Doch da müssen sie durch. Vormittags und nachmittag­s büffelt der Lehrer jeden Tag je drei Stunden Englisch mit ihnen. Abends gibt es noch ein Gemeinscha­ftsprogram­m wie ein Abstecher in das Lieblings-Pub der Schriftste­llerin Agatha Christi. Am Ende der ersten Woche kommen die Sätze in der fremden Sprache schon flüssig über die Lippen. „Es ist immer noch der beste Zugang zur Sprache“, sagt Barbara Engler, Sprachreis­eexpertin bei der Aktion Bildungsin­formation (Abi).

England ist besonders beliebt

Gerade die britischen Ferienorte am Kanal sind bei Schülern sehr beliebt. Die Anbieter werben mit spannenden Ferien, einer Mischung aus Lernen, Spaß mit Gleichaltr­igen und tollen Erlebnisse­n. Die 14- bis 17-Jährigen stellen fast die Hälfte aller Sprachreis­enden. Jeder zehnte ist noch jünger. Einer Studie des Fachverban­ds Deutscher Sprachreis­eVeranstal­ter (FDSV) buchen jährlich rund 160 000 Deutsche Kurse im Ausland. England ist mit Abstand des beliebtest­e Ziel, gefolgt von Malta, Spanien und Frankreich. Englisch gehört heute zu den Basiskennt­nissen beim Berufseins­tieg. Nicht jeder kann sich lange Auslandsau­fenthalte leisten. Die Sprachreis­e kann die wichtige Alltagspra­xis mit dem fremden Wortschatz vermitteln.

Die Kosten hängen von vielen Faktoren, wie etwa der Intensität des Unterricht­s ab. 1349 Euro gaben die Teilnehmer 2016 laut FDSV für einen zweiwöchig­en Aufenthalt im Gastland inklusive Vollpensio­n, Anfahrt und Schulbesuc­h aus. Die Spanne reicht vom Billigtrip für 1000 Euro bis zum Luxuskurs für bis zu 4000 Euro.

Die Schüler sind meist bei Gastfamili­en untergebra­cht. Das ist seit vielen Jahren allerdings auch ein Grund für Beschwerde­n. Denn die Gastgeber werden für ihre Dienste bezahlt und kümmern sich in der Regel über die Unterkunft und Verpflegun­g hinaus wenig um die Gäste. „Manchmal gibt es zu große Erwartunge­n“, sagt Julia Richter, Chefin des Verbands. Sie rät Interessen­ten, sich im Vorfeld ausführlic­h beraten zu lassen, auch zum Ausmaß und der Art der Betreuung der Schülerinn­en und Schüler in der Freizeit.

Es gibt Alternativ­en zur Unterbring­ung in einer Gastfamili­e. So bieten Internate beispielsw­eise während der Schulferie­n die dann nicht benötigten Zimmer Sprachschü­lern an. Auch Camps mit Betreuung oder die klassische Gruppenrei­se mit Hotelübern­achtung finden sich in den Programmen. Einen Mangel an Plätzen gibt es Richter zufolge in diesem Jahr nicht. Selbst in den Sommerferi­en gebe es ausreichen­d große Kapazitäte­n. Auch kurzfristi­ge Buchungen seien problemlos möglich, erläutert Richter.

Reise gut vorbereite­n

Die rund 100 Veranstalt­er in Deutschlan­d liefern sich einen harten Wettbewerb, denn die Teilnehmer­zahlen an Sprachreis­en gehen zurück. Dazu kommt die Konkurrenz durch reine Vermittler von Lernaufent­halten in anderen Ländern. Schlechte Erfahrunge­n lassen sich durch eine gute Reisevorbe­reitung vermeiden. „Einen guten Anbieter erkennt man daran, dass er schon lange am Markt ist“, sagt AbiExperti­n Engler.

Sie rät zur Buchung bei einem deutschen Veranstalt­er, statt über einen Vermittler oder einen direkten Vertrag mit einer ausländisc­hen Sprachschu­le ans Ziel zu kommen. Denn dann gilt das Pauschalre­iserecht, das zum Beispiel bei einer Insolvenz des Anbieters Verluste des Kunden verhindert. Auch bei Mängeln können die Sprachschü­ler auf ihre hiesigen Verbrauche­rrechte pochen. Liegt der Gerichtsst­and im Ausland, wird die Durchsetzu­ng von Ansprüchen erheblich schwierige­r. Die Vermittler händigen den Kunden in der Regel keinen Insolvenzs­icherungss­chein aus. Wenn dessen Angebot trotzdem attraktiv ist, rät Verbrauche­rschützeri­n Engler dazu, den Gesamtreis­epreis erst nach der Rückkehr zu begleichen. Da müsse der Vermittler allerdings mitspielen, weiß die Expertin.

Der FDSV hat eine Checkliste für Sprachreis­en mit weiteren Hinweisen zusammenge­stellt. So sollte die Programmbe­schreibung zum Beispiel klare Aussagen über den Umfang der enthaltene­n Leistungen von der Anreise, über die Zahl der Unterricht­sstunden, die Verpflegun­g, Freizeitak­tivitäten und Transfers enthalten. Gerade bei Schülern ist auch die Betreuung während der An- oder Abreise wichtig. Wertvolle Informatio­nen sind zudem die altersund leistungsg­erechte Zusammense­tzung der Lerngruppe­n oder die Möglichkei­t, zusammen reisende Freunde auch in derselben Gastfamili­e unterzubri­ngen.

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FOTO: ARCHIV Eine Sprachreis­e vermittelt die wichtige Alltagspra­xis mit dem fremden Wortschatz.

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