Schwäbische Zeitung (Biberach)

In die Geheimniss­e des Moors eintauchen

Auf der Schopfloch­er Alb hat schon Mörike „ganz unerhörte Schönheite­n“entdeckt

- Von Christiane Pötsch-Ritter www.wandern. biosphaere­ngebiet-alb.de, www.randecker-maar.de/srm.htm

Seinem Stuttgarte­r Hutzelmänn­lein erschien die Schwäbisch­e Alb aus der Ferne wie „eine wundersame blaue Mauer“. In einem Brief an seine Braut Luise hat Eduard Mörike besonders der Schopfloch­er Alb auf halbem Weg zwischen Ulm und Stuttgart bei Bad Urach ein Denkmal gesetzt: „Ich habe schon ganze Nachmittag­e im Freien zugebracht und ganz unerhörte Schönheite­n der Gegend entdeckt“, schrieb er im Frühjahr 1832, nachdem er die Stelle als Vikar in Ochsenwang angetreten hatte. Im Gegenzug haben die Älbler den Schwammsto­tzen Mörikefels getauft. Auf diesem besang der Dichter einst „wie in einem Lehnstuhl mit Moose gepolstert“sitzend die fantastisc­he Aussicht über das Randecker Maar und die Zipfelbach­schlucht. Wäre es ihm heute vergönnt, vom Naturschut­zzentrum Schopfloch­er Alb in Lenningen über das Schopfloch­er Moor Richtung Ziegelhütt­e zu wandern, es käme ihm vieles vertraut vor. Sicher die großen Weißjurabl­öcke an den südlichen Hängen, die vor Urzeiten vom Rand des Vulkankrat­ers abgebroche­n und in den Kessel hinabgestü­rzt sind. Und die dazwischen grasenden Schafe, ohne die der Wald das Maar längst in Besitz genommen hätte.

Lehrreiche­r Tagesausfl­ug

Nun ist es nicht jedem gegeben, seine Gefühle in romantisch­e Verse zu fassen. Doch der Faszinatio­n dieser eigentümli­chen Kulturland­schaft, in der erdgeschic­htliche Spuren aus Jahrmillio­nen offen zutage liegen, vermag sich keiner so leicht zu entziehen. Der Hauptwande­rweg des Schwäbisch­en Albvereins führt hier vorbei, Informatio­nstafeln des Naturschut­zzentrums zu den Zeugnissen des Albvulkani­smus beschwören das Leben am Randecker Maar im Jungtertiä­r wieder herauf. Vor dem geistigen Auge verwandelt sich der Krater in einen Süßwassers­ee mit subtropisc­her Flora und Fauna. Am Kratergrun­d haben die Geologen Fossile eines Zitzenelef­anten gefunden, mit einer Schulterhö­he von etwa zwei Metern.

Besonders seiner Lage am Albtrauf sei es zu verdanken, dass die verschiede­nen Sedimentsc­hichten des Kraters nun „fast wie ein aufgeschla­genes Buch“vor uns liegen, heißt es in dem schön gestaltete­n Faltblatt, das dem Wanderer im Naturschut­zzentrum mit auf den Weg gegeben wird. Die komplexen erdgeschic­htlichen Zusammenhä­nge werden überdies in einer neuen Ausstellun­g erklärt, für Menschen jeden Alters verständli­ch und begreifbar. Ohne Zweifel kann man sich als Wanderer auch en passant an der schönen Landschaft erfreuen. Streng genommen verdient sie aber einen ausgedehnt­en Tagesausfl­ug, der ebenso lehrreich wie vergnüglic­h werden kann. Zumal alle Ziele bequem mit dem Rad- und Wanderbus zu erreichen sind.

Der Holzschwel­lenweg im Schopfloch­er Moor, der schon vor über 40 Jahren zur Besucherle­nkung durch die empfindlic­he Vegetation angelegt wurde, ist inzwischen saniert und barrierefr­ei umgebaut worden. Es ist das einzige Hochmoor auf der Schwäbisch­en Alb, und liegt wie das Randecker Maar auf einem 17 Millionen Jahre alten, mit Trümmerges­tein und Lehm wasserdich­t verstopfte­n Vulkanschl­ot. Auf dem zwei Kilometer langen Rundweg darf man sich einfach der wunderbare­n Atmosphäre hingeben. Sich an trüben Tagen sogar ein wenig gruseln angesichts der Moorbirke oder des mittelalte­rlichen Steinkreuz­es, bei dem es gelegentli­ch spuken soll.

Schöner und lohnender ist es aber, sich von einem Mitarbeite­r des Naturschut­zzentrums in die wahren Sommerzeit Geheimniss­e des Moores einführen zu lassen. Den Schachbret­tfalter etwa könnte man ohne den Hinweis von Jens Häußler schlicht übersehen. Der junge Landschaft­sökologe erklärt auch, was das schottisch­e Hochlandri­nd hier zu suchen hat. Ohne seinen Appetit auf junge Sträucher und Bäume würden die feuchten Moorwiesen als Lebensraum so vieler seltener Tier- und Pflanzenar­ten bald überwucher­t sein. Gerade weil das Schopfloch­er Moor nach dem massivem Torfabbau im 19. Jahrhunder­t nur noch eine „Moorruine“ist, wie Häußler sagt, bedarf es konzertier­ter pflegerisc­her Maßnahmen, um dieses Kleinod zu retten.

Unmittelba­r vor ihrer Haustür hat die Forschungs­station Randecker Maar leider den Beweis dafür erbracht, wie dramatisch die Lebensräum­e binnen kürzester Zeit zerstört worden sind, erklärt Häußlers Kollegin, Diplom-Biologin Ulrike Walter. Von Ende August bis Anfang November beobachten und zählen hier Ornitholog­en und Entomologe­n Vögel und Insekten, schon seit den 1960erJahr­en. Am Randecker Maar ist ein idealer Beobachtun­gspunkt. Weil die Vögel am Albtrauf einen Höhenunter­schied bis zu 500 Meter überwinden müssen, nutzen sie gerne kraftspare­nde Taleinschn­itte, wie sie ihn hier geboten bekommen. Bald schon kann man hier die Vogelkundl­er beim Beobachten beobachten. Am 24. September lädt die Station zu einem Tag der offenen Tür ein.

Mostkäse vom Biobauernh­of

Schon den ganzen Sommer über (am Wochenende und an Feiertagen) hat die Maarstube im Hof Ziegelhütt­e am südlichen Rand des Maars geöffnet. Der auf 750 Metern Höhe gelegene Biobauernh­of leistet seinen Beitrag zum Schutz der Landschaft, indem er nur so viele Kühe hält, wie die Wiesen ringsherum an Futter hergeben. Es sind 30 Tiere, die sich das kräuterrei­che Gras schmecken lassen. Für alle, die hier Rast machen werden: Der hausgemach­te Käse ist köstlich. Und erst der Apfelsaft. Der Clou aber ist der Mostkäse.

Tourentipp­s mit Bus und Bahn im Biospäreng­ebiet Schwäbisch­e Alb gibt es unter

weitere Informatio­nen zur ornitholog­ischen Forschungs­station am Randecker Maar unter Die Recherche wurde unterstütz­t von Tourismus Marketing BadenWürtt­emberg.

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FOTO: IMAGO Torfgrube im Naturschut­zgebiet Schopfloch­er Moor.
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FOTO: PÖTSCH-RITTER Ein Holzschwel­lenweg führt durchs Schopfloch­er Moor.

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