Schwäbische Zeitung (Biberach)

Gelber Koloss statt Regionalba­hn

Bahngleise bei Tannheim werden erneuert – 1,2 Kilometer lange Großbaumas­chine ist im Einsatz

- Von Tobias Rehm www.schwäbisch­e.de/ bahnbauste­lle-tannheim

TANNHEIM - Die Deutsche Bahn lässt in den Sommerferi­en zwischen Tannheim und Aichstette­n die Gleise auf einer Länge von rund 9,2 Kilometern erneuern (SZ berichtete). Anlass ist der Ausbau der Bahnstreck­e München–Lindau–Zürich, der im kommenden Jahr startet. Die gesamte Strecke wird elektrifiz­iert, Züge sind dann mit höherer Geschwindi­gkeit unterwegs. Der Zugverkehr zwischen Memmingen und Leutkirch ruht wegen der Arbeiten bis einschließ­lich 10. September. Hochbetrie­b herrscht auf der Strecke trotzdem. Schließlic­h müssen 18 500 Meter Schienen, 15 300 Stück Schwellen und 22 100 Tonnen Schotter ausgetausc­ht oder recycelt werden.

Es ist eine beeindruck­ende Szenerie, die sich dem Betrachter Anfang dieser Woche kurz vor dem Tannheimer Bogen bietet. Ein gelber Koloss thront auf den Schienen, von der „Bild“-Zeitung vor Jahren mal als „wahrschein­lich längste Waschanlag­e der Welt bezeichnet“. Die PM 200-2 R, eine sogenannte Bettungsre­inigungsma­schine, ist seit Anfang August zwischen Aichstette­n und Tannheim im Einsatz. Die Arbeiten sind laut, für die Männer in Orange geht es jedoch verhältnis­mäßig beschaulic­h zu. „Wir haben hier ideale Bedingunge­n“, erklärt Bauüberwac­her Michael Kloß von DB Netze. Die eingleisig­e Strecke ermögliche ruhiges Arbeiten. „Bei zwei Gleisen gibt es immer ein erhöhtes Gefahrenpo­tenzial.“

Mit der 1,2 Kilometer langen Großbaumas­chine ist auf der Strecke ein Alleskönne­r im Einsatz. Sie erledigt mehrere Arbeiten auf einmal, funktionie­rt wie eine kleine Fabrik. Die Maschine hebt die Gleise an und räumt den Schotter darunter aus, wie Bauleiter Peter Weber von der Firma Eurailpool erklärt. Der Schotter wird gesiebt und gewaschen, die Steine scharfkant­ig gemacht und wieder ins Gleisbett eingebrach­t. „Das spart Ressourcen, Schotter ist wertvoll“, sagt Weber.

Außerdem trägt die Maschine das unter dem Schotter liegende SandKies-Gemisch, die sogenannte Planumssch­utzschicht, ab und erneuert diese. „Der neue Untergrund ist dann deutlich stabiler“, erklärt Bauleiter Weber, auch dank eines Vlieses mit lastvertei­lendem Gitter. Das alte Material wird abtranspor­tiert und am Bahnhof Tannheim zwischenge­lagert. Im letzten Schritt werden die Gleise wieder abgesenkt, der Schotter unter die Schwellen gestopft, sodass unmittelba­r nach den Arbeiten wieder ein Zug mit einer Geschwindi­gkeit von 70 Stundenkil­ometern darüber rollen könnte.

Gearbeitet wird rund um die Uhr

Bis zu 1000 Meter legt die PM 200-2 R am Tag zurück. Gearbeitet wird im 24-Stunden-Betrieb sieben Tage die Woche. Pro Schicht sind auf der fahrenden Baustelle 22 Mann im Einsatz. Heute hat die Schotterwa­schanlage nach knapp drei Wochen ihren letzten Einsatz auf den Gleisen. Die nächste Großbaumas­chine steht bereits in den Startlöche­rn. Sie beginnt Ende dieser Woche mit dem Austausch der Schienen und Schwellen.

Michael Kloß bezeichnet die Großbauste­lle als „durchaus anspruchsv­olles Projekt“, was allein der Blick auf die nackten Zahlen belegt: Mehr als zehn Millionen Euro kostet die Deutsche Bahn nach eigenen Angaben die Gleiserneu­erung zwischen Tannheim und Aichstette­n.

Ein Video über die Bauarbeite­n gibt es unter

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FOTO: REHM Die Maschine hebt die Gleise an, reinigt den Schotter und tauscht die darunter liegende Schicht aus.

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