Schwäbische Zeitung (Biberach)
Acht Jahre im Gedenken an den „King of Pop“
Am heutigen Dienstag wäre Michael Jackson 59 Jahre alt geworden – Seine Fans treffen sich an einem Denkmal, das eigentlich für einen anderen Musiker erbaut wurde
MÜNCHEN - Nach einigen Stunden am Promenadeplatz, nachdem Touristen dreier Reisegruppen – englisch, chinesisch, holländisch – die Statue mal belächelt und mal bewundert haben, nachdem Nena Akhtar vom Verein „MJ’s Legacy“erst von einem „faszinierenden Menschen“geschwärmt und dann von Attacken verfeindeter Fangruppen erzählt hat – ganz zum Schluss kommt einem die Frage in den Sinn, was wohl Komponist Orlando di Lasso dazu gesagt hätte.
Dazu, dass vierhundert Jahre nach seinem Tod Menschen aus aller Welt zu seinem Denkmal strömen, das in kaum einem München-Reiseführer fehlt. Dazu, dass die Besucher aber nicht wegen ihm, einem der bedeutendsten Komponisten der Renaissance, hierherkommen – sondern, weil der Sockel seiner Statue über und über mit Devotionalien Michael Jacksons drapiert ist.
Verein pflegt Denkmal
Zu dessen 59. Geburtstag werden sich am heutigen Dienstag zig Fans zu Füßen des bronzenen di Lasso treffen, um Michael Jackson zu gedenken, der 2009 verstorben ist.
Während man über all das sinniert, taucht ein älterer Herr auf, für den das bayerische Wort „Grantler“erfunden werden müsste, wenn es dies nicht schon gäbe. Ohne Aufforderung beantwortet er die Frage anstelle des Renaissance-Musikers: „Im Grab umdrehen würde sich der“, sagt der Mann zornig. „Das war einer der größten Komponisten seiner Zeit. Und jetzt haben die sein Denkmal so verschandelt!“Ganz anderer Meinung sind da freilich Nena Akhtar und ihre Freunde vom Verein „MJ’s Legacy“, die sich selbst die „Denkmalfeen“nennen. Tag für Tag kommt mindestens eine von ihnen hierher, fegt die Sockelstufen mit dem Handbesen, gießt Blumen, putzt alle Fotos und Bilder des „King of Pop“mit Feuchttüchern und schaut nach dem Rechten am Michael-Jackson-Memorial. Seit dem Todestag ihres Idols 2009 kümmern sie sich um die Gedenkstätte. Damals stellten hier einige Fans Kerzen auf und legten Blumen nieder, weil der Popstar bei seinen München-Besuchen stets vis-à-vis im Hotel Bayerischer Hof abzusteigen pflegte.
Streit zwischen Fangruppen
„Im dritten Stock hat er gewohnt, die fünf Fenster da oben“, sagt Nena Akhtar und zeigt zur Fassade des Fünf-Sterne-Hauses, ehe sie zu einer Eloge auf Michael Jackson ansetzt. Ein „fantastischer Mensch“sei er gewesen; einer, der anderen helfen wollte und dem so viel Unrecht angetan wurde. Nena Akhtar ist seit Kindesbeinen MJ-Fan, keines seiner München-Konzerte hat sie verpasst. Mit dem Denkmal und dem Verein, der auch Spenden für bedürftige Kinder sammelt, will sie dafür sorgen, „dass sich die Leute auch noch in hundert Jahren an Michael Jackson erinnern“.
Wobei so viel Engagement in den Anfangsjahren nicht überall gut ankam: Immer wieder gab es Streit zwischen Fangruppen, Blumen wurden abgeknickt, Fotos abgerissen, sogar zu Handgreiflichkeiten kam es, mehrfach rückte die Polizei aus. „Das war wirklich brutal“, sagt Nena Akhtar. Infolge des Dauerdisputs schaltete sich 2015 gar das Kultusministerium ein, verschickte Briefe an die verfeindeten Gruppierungen und mahnte: Kehre kein Frieden ein, müsse die Gedenkstätte geräumt werden.
Erst danach glätteten sich die Wogen, zumal „MJ’s Legacy“2016 eine Vereinbarung mit der Regierung von Oberbayern traf, wonach der Freistaat das Memorial dulde, solange sich der Verein um dessen Pflege kümmere. Seitdem besuchen die Denkmalfeen täglich den Promenadeplatz; „wir haben einen festen Arbeitsplan“, sagt Nena Akhtar. Heute Abend jedoch werden sie alle zum Memorial kommen, genauso wie zig weitere Fans. Zu Ehren von Michael Jacksons 59. Geburtstag werden sie gemeinsam des Popstars gedenken, Kerzen anzünden und seine Lieder singen. Und zumindest Letzteres hätte sicher auch dem Musikliebhaber Orlando di Lasso gefallen.