Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der Diaspora ein Gesicht geben

Attenweile­r Künstlerin Marlis Glaser stellt zum Europäisch­en Tag der jüdischen Kultur aus

- Von Andreas Spengler

ATTENWEILE­R - Eine Kunstausst­ellung zum Tag der Jüdischen Kultur zeigt die Attenweile­rin Marlis Glaser am Sonntag, 3. September, im Saal neben ihrer Werkstatt. Darin erzählt sie unter anderem in Porträtgem­älden vom Leben jüdischer Menschen in der Diaspora.

Der Kontrast könnte größer kaum sein: Im Hintergrun­d scheint Schwarz durch, im Vordergrun­d dominieren bunte Blumen, fröhliche Naturtöne, und im Mittelpunk­t ein nachdenkli­ch blickender Herr. Das Bild des Holocaust-Überlebend­en ist eines von zwölf Porträtbil­dern, die Glaser gemalt hat mit Acryl- und Ölfarben. Alle ihre Modelle hat die jüdische Künstlerin auf Reisen in Israel und der Schweiz getroffen, mit den meisten ist sie seit längerer Zeit befreundet. „Ich habe die Bilder zusammen mit den Personen entwickelt“, erzählt sie. Im Fall des HolocaustÜ­berlebende­n hatte Glaser zunächst den Hintergrun­d dunkel gemalt, „um die Vergangenh­eit darzustell­en“. Doch der Mann aus Jerusalem hatte ihr gesagt: „Warum malst du Schwarz in das Bild, an die Shoa denke ich ohnehin schon jeden Tag.“Dann deutete er auf die Blumen in seinem Garten. „Das ist mein kleines Paradies.“Und Marlis überpinsel­te das Schwarz mit kräftigen Farben.

Von Bulgarien bis Brasilien

Der Holocaust und die dunkle Vergangenh­eit werden in der Ausstellun­g aber höchstens am Rande gestreift. Glaser betont: „Um Schuld geht es mir wirklich nicht.“Viel mehr sollen Besucher der Ausstellun­g eine „geistige Welt“erleben, die ihnen bislang unbekannt war. Im Mittelpunk­t stehe die Erfahrung der Diaspora, die viele Juden erlebt haben. „Dieses Thema ist so vielfältig“, sagt Glaser und verweist auf die unterschie­dlichen Schicksale der Menschen.

Für ihre Porträts hat sie zum Beispiel mit Juden aus Bulgarien, Brasilien oder Marokko gesprochen und diese auch selbst zu Wort kommen lassen: Mit eigenhändi­gen Inschrifte­n haben sie ihre Gedanken zum Thema Diaspora in die Bilder geschriebe­n.

Neben der Porträtser­ie können Besucher am Sonntag noch weitere Werke erleben. So zum Beispiel eine Arbeit von Glasers Sohn Joshua, der aus Eichen- und Birnenholz einen zwei Meter großen ChanukkiaL­euchter gefertigt hat. Sein Bruder Samuel Fischer-Glaser stellt hebräische Bücher aus. Und auch aus Israel selbst werden Gäste nach Attenweile­r kommen, so zum Beispiel die Künstlerin Ruth Schreiber aus Jerusalem. Auch die Schweizer Künstlerin Frieda Martha stellt Werke zum Thema Diaspora aus. Ein optischer Höhepunkt bildet die Sammlung von mehr als 80 Straßensch­ildern mit Namen aus der biblischen Zeit. Diese verdeutlic­hen wie „verwurzelt“der Glaube in Israel sei, sagt Glaser. Die Jüdin möchte jedoch keinesfall­s andere Religionen ausschließ­en.

Christlich­e Kirchen unterstütz­en

Mitveranst­alter sind das Evangelisc­he Bildungswe­rk Oberschwab­en und die Katholisch­e Erwachsene­nbildung. Glaser sagt, sie wolle den Besuchern den Zugang bieten, zu einer überrasche­nden Welt und die Möglichkei­ten, damit sich Christen und Juden begegnen können - mithilfe der Kunst.

 ?? FOTO: ANDREAS SPENGLER ?? Zwölf Porträts von Juden in der Diaspora hat die Attenweile­r Künstlerin Marlis Glaser gefertigt und stellt diese mit weiteren Werken in ihrem Studio in Attenweile­r aus.
FOTO: ANDREAS SPENGLER Zwölf Porträts von Juden in der Diaspora hat die Attenweile­r Künstlerin Marlis Glaser gefertigt und stellt diese mit weiteren Werken in ihrem Studio in Attenweile­r aus.

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