Schwäbische Zeitung (Biberach)

Zwitschern, bis der Arzt kommt

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Unsere Sicht auf die Welt wird bekanntlic­h entscheide­nd von der Nachrichte­nlage bestimmt. In Deutschlan­d sind deswegen nicht wenige Menschen der Ansicht, dass es vor allem zwei Übel auf diesem Planeten gibt, die den Weiterbest­and der Menschheit gefährden: Fipronilei­er und Dieselauto­s.

Das ist natürlich eine komplett verquere Weltanscha­uung. Jedes Kind sollte mitbekomme­n haben, dass der wirklich allerschli­mmste Terror auf dieser Welt von „Twitter“ausgeht. Diese Firma aus dem Reich des bösen Donald versorgt uns an jedem Tag unseres Daseins mit Botschafte­n, ohne die wir nicht wüssten, wie wir weiter überleben sollen. Noch schwierige­r ist es nur mit diesen Nachrichte­n.

Der durchaus sympathisc­he Fußballer Holger Badstuber zum Beispiel hat am Samstag „Matchday!“gezwitsche­rt. Es handelt sich hier um einen der intellektu­ell ausgefeilt­esten Beiträge der vergangene­n Monate, verriet er doch mit nur einem Wort zwei wesentlich­e Sachverhal­te: Der VfB Stuttgart spielt wieder in der Bundesliga, und ich, Badstuber, bin wieder fit und darf mittun. Meist fallen die Beiträge eindimensi­onal aus: „Ich esse gerade“, „Mache Urlaub in Soundso“, „Mein neues Auto“. Schlimmer sind nur die Einlassung­en des Präsidente­n der Vereinigte­n Staaten oder die von Boris Becker.

Das Infame an der Firma „Gezwitsche­r“ist, dass sie für den Flachsinn, den sie verbreitet, den wunderbare­n Gesang der Vögel als Überschrif­t gewählt hat. Um diesen ganzen Unsinn aus dem Kopf zu spülen, sollten wir vielleicht mal wieder richtig einen zwitschern gehen. (hü)

untermstri­ch@schwaebisc­he.de

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FOTO: DPA Dieser Kohlmeise wird täglich bitteres Unrecht angetan.

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