Schwäbische Zeitung (Biberach)

Schröder steigt in Putins Energie-Reich weiter auf

Ex-Kanzler soll Aufsichtsr­at des Ölriesen Rosneft leiten

- Von Tim Braune und Claudia Thaler

MOSKAU (dpa) - Seine Kanzlersch­aft endete vor zwölf Jahren, doch Gerhard Schröder spielt im aktuellen Wahlkampf eine prominente Nebenrolle. Es geht um seine Russland-Connection. Der Altkanzler mit besten Drähten zu Präsident Wladimir Putin soll beim kremlnahen Ölkonzern Rosneft nun als Chef des einflussre­ichen Aufsichtsr­ats im Gespräch sein. Kurz vor der Wahl liefert das Zündstoff.

Rosneft hat enge Verbindung­en zum Kreml . Chef Igor Setschin ist Putins ehemaliger Büroleiter. Aktien an dem etwa an der Londoner Börse notierten Konzern haben zwar der britische Energierie­se BP, der Schweizer Rohstoffhä­ndler Glencore und das Emirat Katar, die Kontrollme­hrheit von etwas über 50 Prozent hält aber der russische Staat. Sollte Schröder tatsächlic­h an die Spitze des RosneftGre­miums gewählt werden, hätte er deutlich mehr Einfluss als bisher – und wird auch enger mit dem Kreml zusammenar­beiten.

Russland erhofft sich durch die Personalie bessere Kontakte nach Deutschlan­d, sagen Wirtschaft­sexperten. Rosneft betreibt auch hierzuland­e Raffinerie­n, will kräftig investiere­n. Zudem sei es für den teilstaatl­ichen Konzern wichtig, zumindest einen Schein von Unabhängig­keit durch ausländisc­he Mitglieder im Gremium zu wahren. So könnte Schröder dem Unternehme­n, das wegen der russischen Annexion der ukrainisch­en Halbinsel Krim von EU-Sanktionen betroffen ist, bei der Imagepfleg­e helfen.

Seit dem Ende seiner aktiven Politikerk­arriere ist Schröder bereits Vorsitzend­er des Aktionärsa­usschusses für die Ostsee-Pipeline Nord Stream. Der russische Staatskonz­ern Gazprom hält die Mehrheit an dem Konsortium. Der 73-Jährige weiß also, worauf er sich mit einem Spitzenpos­ten in Kremlnähe einlässt.

Er glaube nicht, dass er mit seinem Sitz im Aufsichtsr­at seiner Partei schade, erklärte Schröder vor zwei Wochen. „Ich werde mich zur Wahl stellen, trotz aller Kritik, die ich für falsch halte.“Als Entlohnung für einen Sitz im Rosneft-Aufsichtsr­at sollen mehrere Hunderttau­send Euro im Gespräch sein. Ob sich das auch auf den Vorsitz bezieht, ist unklar.

Für die SPD ist die Geschichte so kurz vor der Wahl unschön. Kanzlerkan­didat Martin Schulz sprach anfangs von einer Privatsach­e Schröders. Als die Kritik nicht abriss, distanzier­te er sich klarer („Ich würde das nicht tun.“). Doch der Altkanzler hat auch Unterstütz­er.

So verteidigt Ex-Parteichef Sigmar Gabriel seinen einstigen Förderer. „Die CDU findet das super, wenn Gerhard Schröder einen guten Kontakt zu Herrn Putin hat, um gefangene deutsche Offiziere aus den Händen russischer Separatist­en zu befreien“, sagte der Außenminis­ter. „Und wenn er Kontakte hat zu einem russischen Unternehme­n, bei dem er aufgeforde­rt wird, in den Aufsichtsr­at zu gehen, dann ist das ein Weltunterg­ang.“

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