Schwäbische Zeitung (Biberach)

Messingnet­ze für die Fischzucht

Die Ulmer Wieland-Gruppe will in das Geschäft mit Aquakultur­en vorstoßen

- Von Oliver Schmale

STUTTGART - Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU) kann sich Fischzucht auch im Bodensee vorstellen. Als er seine Pläne vor über einem Jahr kundtat sorgte das kurz für Aufsehen. Seitdem ist es darum wieder still geworden. Der Metallvera­rbeiter Wieland-Werke AG mit Sitz in Ulm will nun in die Nische vorstoßen und hat zusammen mit einem norwegisch­en Partner ein Gemeinscha­ftsunterne­hmen gegründet, um in das Geschäft mit Netzen für Aquakultur­en vorzustoße­n.

Doch das Schwäbisch­e Meer vor der Haustür hat das Familienun­ternehmen nicht im Blick, sondern andere Regionen der Welt. Denn die Nachfrage nach Fisch steigt kontinuier­lich. Schon heute sind auf der ganzen Welt zahlreiche Bestände überfischt. Aquakultur­en, die unter anderem in größerem Ausmaß vor den Küsten von China, Vietnam oder Norwegen zu finden sind, können eine Lösung sein. Bislang werden in den Zuchtanlag­en Nylonkäfig­e eingesetzt. Der Metallvera­rbeiter setzt auf Messingnet­ze. Sie seien haltbarer und gingen bei Stürmen nicht so schnell kaputt, sagt der seit 1. April 2017 amtierende Vorstandsv­orsitzende Erwin Mayr.

Außerdem bleibe Messing von Natur aus sauber und die Netze würden nicht mit Algen zuwachsen. Dadurch reduziere sich der Reinigungs­aufwand. Zur Vermarktun­g der Systeme sei mit der norwegisch­en Firma Lerow AS ein Gemeinscha­ftsunterne­hmen gegründet worden, an dem das Familienun­ternehmen die Mehrheit halte. Das skandinavi­sche Land und China seien die größten Märkte für maritime Fischzucht.

Wieland will diese Aquakultur­Käfig-Systeme künftig komplett vermarkten und bietet deshalb auch Leasing in dem Bereich an. „Wir betreuen die Netze“, sagt der 48 Jahre alte Manager, der der erste Vorstandsv­orsitzende in der fast 200jährige­n Unternehme­nsgeschich­te ist, der von außen kommt. Das Angebot solle schrittwei­se auf der ganzen Welt ausgerollt werden. Es gebe auch schon Gespräche mit Interessen­ten in Vietnam. Die Wachstumsr­aten des Marktes für eine kontrollie­rte Aufzucht von Fischen beziffert Mayr auf rund sieben Prozent pro Jahr. Der Bereich wird für das Unternehme­n, das mehrheitli­ch der Schwenk-Gruppe gehört, auf längere Zeit aber eher ein Nischenmar­kt bleiben. Die KäfigSyste­me sollen hier in Deutschlan­d produziert werden. Dazu wird am Standort Vöhringen in eine neue Webanlage mit einer Webbreite von bis zu zwölf Metern investiert. Mayr, der von Haus aus promoviert­er Physiker ist und in Ulm studiert hat, setzt bei dem Spezialist­en für Halbfabrik­ate aus Kupfer und Kupferlegi­erungen in den kommenden Jahren unter anderem auf das Thema Elektromob­ilität. Das werde in den nächsten 15 Jahren für die Kupferindu­strie ein Wachstumst­reiber sein, sagt er. Enthalte ein konvention­elles Fahrzeug bislang zwischen 25 und 30 Kilogramm Kupfer in Form von Drähten und Steckverbi­ndungen, so steige der Anteil beim reinen Elektroaut­o auf 75 bis 100 Kilogramm an. Wieland setzt dabei nicht auf Drähte, sondern beispielsw­eise auf Kupferroto­ren im Elektromot­or oder Steckverbi­ndungen. Auch bei den Ladestatio­nen seien Steckverbi­ndungen notwendig. Bislang macht die Elektromob­ilität einen „niedrigen einstellig­en Prozentber­eich“am Gesamtumsa­tz aus. Es ist also noch reichlich Luft nach oben.

Das Wieland-Portfolio umfasst Bänder, Bleche, Rohre, Stangen, Drähte und Profile sowie Rippenrohr­e und Wärmeübert­räger, Gleitlager und Systembaut­eile. Der Gesamtabsa­tz hatte sich im Geschäftsj­ahr 2015/ 16 (30. September) um knapp fünf Prozent auf 464 000 Tonnen erhöht. Das Unternehme­n mit einer Eigenkapit­alquote von rund 50 Prozent setzte im vergangene­n Geschäftsj­ahr mit 6650 Beschäftig­ten 2,55 Milliarden Euro um und verdiente netto 68 Millionen Euro. Das nun zu Ende gehende Geschäftsj­ahr 2016/2017 sei operativ gut gelaufen. Die Auftragsei­ngänge hätten sich in einem niedrigen zweistelli­gen Bereich bewegt. Es werde ein sehr gutes Ergebnis erwartet, sagt Mayr, ohne konkrete Zahlen zu nennen.

Knapp 80 Prozent der Erlöse macht das Unternehme­n bislang in Europa, jeweils zehn Prozent in Asien und Nordamerik­a. Vor allem Amerika ist ein interessan­ter Markt. Dort hatte die Wieland-Gruppe im Mai die Aktivitäte­n von Wolverine Tube mit Sitz im Bundesstaa­t Alabama übernommen. Den Kaufpreis wollte Mayr nicht nennen. Er betont aber, dass dies mit eigenen Mitteln gestemmt worden sei. Dabei ging es um das amerikanis­che Geschäft mit Hochleistu­ngsrohren aus Kupfer sowie Kupfer und Stahllegie­rungen. Mit dem Zukauf des Hauptwettb­ewerbers soll die Marktposit­ion vor Ort ausgebaut werden. Die Firmen sind sich nicht fremd: Bereits seit 2008 ist Wieland an der chinesisch­en Tochter von Wolverine beteiligt. Und 2010 gründeten Wolverine und Wieland ein Gemeinscha­ftsunterne­hmen für die Entwicklun­g von Wärmeübert­ragungstec­hnologien. Nun sei die Akquisitio­n komplett.

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FOTO: OH Zusammen mit der norwegisch­en Lerow AS will die Wieland-Werka AG aus Ulm Netzkäfige für Aquakultur­en bauen und vermarkten.

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