Schwäbische Zeitung (Biberach)

Anschlag auf BVB: Anklage wegen versuchten Mordes

Sergej W. droht lebenslang­e Haft – Ermittler sehen Habgier als Motiv

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DORTMUND (dpa/AFP) - Anklage wegen versuchten Mordes hat die Staatsanwa­ltschaft gegen den 28-Jährigen erhoben, der im vergangene­n April einen Sprengstof­fanschlag auf den Mannschaft­sbus von Borussia Dortmund verübt haben soll. Das teilte die Behörde am Dienstag in Dortmund mit. Einzelheit­en könnten erst veröffentl­icht werden, wenn die Anklagesch­rift an den 28-Jährigen und seinen Anwalt zugestellt sei. „Süddeutsch­e Zeitung“und „Bild“berichtete­n, Sergej W. habe nach Überzeugun­g der Ermittler aus Habgier gehandelt. Er habe an der Börse auf große Kursverlus­te der BVB-Aktie als Folge des Anschlags spekuliert.

Für den Vorwurf des versuchten Mordes muss die Tat unter anderem von „niedrigen Beweggründ­en“motiviert sein. Dazu zählt auch Habgier. Dem Elektrotec­hniker aus der Nähe von Tübingen wird versuchter Mord in 28 Fällen vorgeworfe­n. Bei dem Anschlag auf den Mannschaft­sbus am 11. April wurden Abwehrspie­ler Marc Bartra und ein Polizist verletzt. Der Bus wollte gerade am Dortmunder Mannschaft­shotel abfahren und die Spieler zum Champions-LeagueVier­telfinalsp­iel gegen AS Monaco bringen, als drei mit Metallstif­ten gefüllte Sprengsätz­e detonierte­n. Splitter trafen Bartras Unterarm, er musste operiert werden und fiel wochenlang aus. Das Spiel wurde nach dem Anschlag um einen Tag verschoben. Einige Spieler des BVB berichtete­n auch Wochen nach dem Vorfall, dass sie die Erlebnisse noch nicht verarbeite­t hätten. Auch die Scheiben eines Privathaus­es wurden getroffen. Die Bewohner hatten Glück, sie hielten sich gerade nicht im Wohnzimmer auf.

Banker gab der Polizei einen Tipp

Gefälschte Bekennersc­hreiben lenkten den Verdacht zunächst auf militante Islamisten. Auch ein angebliche­s Antifa-Bekennersc­hreiben stellte sich wenig später als Fälschung heraus. Zwischenze­itlich wurde spekuliert, dass Hooligans oder auch Mitglieder der rechten Szene dahinterst­ecken könnten. Die Bundesanwa­ltschaft ermittelte. Aber die Fahnder wurden schnell auf eine andere Spur gelenkt.

Zehn Tage nach der Tat nahmen Ermittler den Verdächtig­en in Tübingen fest. Sie hatten ihn zuvor tagelang beobachtet. W. soll an der Börse auf große Kursverlus­te der BVB-Aktie spekuliert haben. Dazu nahm er offenbar einen Kredit auf und kaufte entspreche­nde Papiere, sogenannte Derivate. Ein Bankangest­ellter hatte der Polizei einen Tipp gegeben, weil ihm die Geschäfte verdächtig vorkamen. Dem damaligen nordrhein-westfälisc­hen Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) zufolge investiert­e der Mann 79 000 Euro. W. bestreitet bis heute eine Beteiligun­g. Sein Anwalt Reinhard Treimer sagte am Dienstag: „Neue Aussagen kann ich derzeit nicht machen.“W. ist weiter in Untersuchu­ngshaft.

Nun muss das Landgerich­t Dortmund entscheide­n, ob es die Anklage zulässt und einen Prozess eröffnet. Es sei nicht damit zu rechnen, dass das Verfahren noch in diesem Jahr beginnen werde, berichtete die „Süddeutsch­e Zeitung“. Wenn das Urteil entspreche­nd hart ausfällt, könnte W. lebenslang­e Haft erwarten.

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FOTO: DPA Ein Beamter des Landeskrim­inalamtes (LKA) untersucht in der Nacht nach dem Vorfall in Dortmund den BVB-Mannschaft­sbus.

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