Schwäbische Zeitung (Biberach)
Qualhaltung ist keine Kultur
Zum Artikel „Kaninchenzüchter dringend gesucht“(26.8.):
Da kann man nur sagen: Gott sei Dank! Denn wie Herr Knorpp vom Tierschutzverein schon mehr oder weniger direkt sagte, ist es eine Schande, die Qualhaltung dieser schönen Tiere als „Kultur“zu bezeichnen. Ich finde es immer wieder erschreckend, wie wenig Ahnung die meisten (nicht alle!) Züchter doch von den Tieren haben, die sich vor sich haben. Aber das wollen sie auch nicht, denn für sie zählt nur das Äußere. Dass sie den Charakter der Tiere schätzen würden, ist doch blanker Hohn. Die Haltung der Tiere bei den meisten Züchtern fällt für mich schon unter die Tierquälerei: In einem Stall, der meist nicht mehr als 30 mal 30 Zentimeter misst (empfohlen wird mindestens ein Quadratmeter pro Tier) werden die Tiere ihr Leben lang in Einzelhaltung gefangen gehalten (Kaninchen sind absolute Gruppentiere , weshalb diese Art der Haltung in Österreich bereits gesetzlich verboten wurde) und viele sehen ihr gesamtes Leben lang weder direktes Tageslicht noch eine grüne Wiese. Dann werden sie auch noch mit Kraftfutter gefüttert – wozu Kraftfutter, wenn man sich den ganzen Tag kaum drehen kann?
Die Kleintierschauen sind für diese Tiere der blanke Horror, den ganzen Tag müssen sie in diesen Minikäfigen sitzen, ohne jegliche Versteckmöglichkeit, und alle schauen und fassen hinein. Kaninchen sind Fluchttiere. Und dann dieser Griff von oben in den Nacken, den viele Menschen immer noch als „vollkommen in Ordnung“erachten, ist für erwachsene Kaninchen nichts anderes als der Griff eines Raubtieres, welches ja bekanntlich von oben kommt.
Wenn ein Tier nicht den Anforderungen entspricht, wird es weggegeben. Manch einer mag nun Parallelen zur Nutztierhaltung ziehen, doch diese machen wenigstens keinen Hehl aus dem, was Tiere für sie sind: Ware. Züchter hingegen reden von Liebe und artgerechter Haltung und dann können viele von ihnen nicht einmal sagen, wo der Unterschied zwischen Hase und Kaninchen liegt. Claudia Ege, Amtzell
Wer testet die Tester?
Leserbrief zum Artikel „Bildungsstudie sieht Land auf Platz vier“(18.8.): Nach der neuesten Bildungsstudie haben wir Grund zum Jubeln: BadenWürttemberg hat wieder eines der leistungsfähigsten Bildungssysteme in Deutschland. Wow! Kaum zu glauben. In der IQB-Bildungsstudie sprach Thomas Vitzthum noch von einem dramatischen Niedergang der Schulbildung in Baden-Württemberg.
Damals trennten uns in der Lesekompetenz vom führenden Sachsen rund 30 Punkte, das entsprach dem Leistungsstand eines ganzen Schuljahrs. Man habe zu viel über Schulstruktur diskutiert und zu wenig über Unterricht, war das Fazit von Frau Eisenmann. Aber obwohl sie es damals auf den Punkt brachte, spricht sie heute immer noch nicht über den Unterricht selbst. Teure Bildungsstudien sind ihr Steckenpferd. Fast könnte man meinen, eine Testeritis habe die Bildungsministerin seit ihrem Amtsantritt befallen. Der Tübinger Bildungsforscher Ulrich Trautwein kommentierte die Situation. Der Südwesten war im Ländervergleich zurückgefallen. Die Zeit sei nicht tatsächlich für Unterricht, sondern für Organisatorisches genutzt worden.
Und jetzt, nur 16 Wochen später, kurz vor den Wahlen sind wir wieder in die Siegerränge aufgestiegen. Hat sich seit Mai etwas verändert? Und wem nützt diese Studie? Schulen, Lehrer und Schüler müssen nicht ständig überprüft werden. Alle drei Säulen der Bildung haben sich bewährt und verdienen einen Vertrauensvorschuss. Trifft vielleicht der Slogan zu: fünf Meinungsforscher, fünf Meinungen? Und wer testet eigentlich die Tester?
Antonie Hartmann-Striebel, Laupheim
Einige Kuriositäten
Zum Leitartikel „So funktioniert Protektionismus“(22.8.) von Hendrik Groth:
Bei der Insolvenz von Air Berlin gibt es schon einige Kuriositäten. Wieso haben gerade in der Haupturlaubszeit die Etihad und der Scheich die finanzielle Unterstützung eingestellt? Die Verhandlungen mit der Lufthansa und der Bundesregierung scheinen tatsächlich parallel im Hintergrund weit fortgeschritten zu sein. Doch trotz Ihrer Lanze für freien Wettbewerb gibt es schon auch nationale Interessen, die eine Stärkung zum Beispiel der Lufthansa sinnvoll machen können. Das könnten wir von Frankreich lernen. Schon lange beschäftigen mich die Billiganbieter Ryanair, Easyjet und so weiter, die bestehende Gesellschaften in Bedrängnis bringen und denen ich keine so lange Zukunft vorausgesagt hätte. Das gibt es in allen Branchen und die Überlebensstrategie heißt, mit dem eigenen Haus durch entsprechende Angebote, aber auch Unterlassung von Verlustprojekten, zu überleben. Wie hieß es doch beim alten Einzelhändler, der bald nach seinem Konkurs starb: Er gab stets die höchsten Rabatte!
Uwe Schneider, Ravensburg
EuGH steht vor einem Dilemma
Zum Thema „Einspruch aus Karlsruhe“(16.8.):
Offensichtlich überschreitet die EZB mit ihren massiven Anleihekäufen ihre Zuständigkeit. Nun muss der Europäische Gerichtshof zwischen Pest und Cholera entscheiden. Stoppt er die illegale Finanzierung der armen EU-Staaten, stehen sie vor dem Bankrott, und die Wirtschaft der EU vor einer schweren Krise.
Denn die armen Länder leben „über ihre Verhältnisse“, weil sie hohe Importüberschüsse haben, die sie letztlich mit dem geliehenen Geld bezahlen. Sie geraten dabei trotz Rentenkürzungen unter anderem in hohe Verschuldung und haben hohe Arbeitslosigkeit, weil sie zu wenig selbst produzieren. Das Wirtschaftsparadies Deutschland hat nur wenig Arbeitslose, weil es mehr produziert, als es verbraucht.
Aber würde nur ein Teil unseres Exports wegfallen, stünden hier unzählige Jobs und Unternehmen vor dem Aus. Vor diesem Dilemma stehen wir, weil das moderne liberale Wirtschaftsverständnis die Märkte regieren lässt und ordnende Eingriffe des Staates verpönt. Lässt man das Steuer eines Fahrzeugs los, geht das auch erst mal gut. Über längere Zeit aber kaum.
Hans Oette, Neuenstadt
Verschärfung verhindert
Zum Artikel „Hendricks warnt vor Dieselkauf“(24.8.):
Reifenabrieb und Bremsstaub tragen wesentlich zur Feinstaubbelastung bei. Auch in einer autofreien Zone sammelt sich eine Menge Staub auf den Dächern. Es darf daran erinnert werden, dass unsere Bundeskanzlerin schon mehrmals in Brüssel bei der EU-Kommission erfolgreich interveniert hat, um eine Verschärfung der Abgasvorschriften um einige Jahre zu verschieben, damit die Automobilkonzerne mehr Zeit für die Umsetzung hätten.
Emil Mink, Hohentengen
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