Schwäbische Zeitung (Biberach)

Gefährlich­e Blendattac­ken

Piloten in den ersten sieben Monaten des Jahres 2017 deutschlan­dweit 65-mal von Laserpoint­ern geblendet

- Von Luca Deutschlän­der

FRANKFURT (dpa) - Mit geöffneten Augen sekundenla­ng in die Sonne starren und dabei ein voll besetztes Flugzeug sicher zum Landen bringen: Was für Laien unvorstell­bar klingen mag, passiert Piloten in Deutschlan­d regelmäßig – dann nämlich, wenn sie von Laserpoint­ern geblendet werden. Deren Strahlen können so hell sein, dass die Flugzeugfü­hrer kurzzeitig gar nichts mehr sehen. 65 Fälle wurden nach Zahlen des Luftfahrt-Bundesamte­s in den ersten sieben Monaten dieses Jahres in Deutschlan­d bekannt. Die tatsächlic­he Zahl liegt vermutlich höher. Im Gegensatz zu ihren deutschen Kollegen sind Piloten ausländisc­her Fluggesell­schaften nämlich nicht verpflicht­et, entspreche­nde Fälle zu melden.

Um die Piloten zu schützen, fordert die Vereinigun­g Cockpit, Laserpoint­er mit einer Leistung von mehr als 500 Milliwatt unter das Waffenrech­t zu stellen – darin eingeschlo­ssen jene Laserpoint­er mit einer Leistung von 50 Milliwatt, auf die ein optischer Aufsatz montiert wurde. Ein solcher Aufsatz bündele die Strahlen und verstärke das Licht des Lasers noch.

„Die größte Gefahr für Piloten und damit im Prinzip für das gesamte Flugzeug und die Passagiere ist die extrem starke Blendung“, sagt Markus Wahl von der Pilotengew­erkschaft. Was für einen Fußgänger nicht so schlimm sei, bedeute für ein Flugzeug Sekunden vor der Landung eine echte Gefahr. „Wenn das im falschen Zeitpunkt passiert und jemand falsch reagiert, hat das durchaus das Potenzial, Menschen zu bedrohen“, sagt Wahl.

Die Fälle, die der Vereinigun­g Cockpit bekannt sind, ereigneten sich nahezu ausschließ­lich im Landeanflu­g eines Fliegers – zu dem Zeitpunkt, in dem ein Flugzeug in der Regel von Hand gesteuert wird. Wegschauen oder Augen schließen sei dabei keine echte Option, sagt Wahl: „Wenn ein Pilot kurz vor der Landung die Augen zumacht oder wegguckt, dann ist das auch gefährlich. Da fangen wir schon an, uns im Kreis zu drehen.“Nach Einschätzu­ng der Gewerkscha­ft machen den Piloten besonders die Fälle zu schaffen, in denen sie in unter 1000 Metern Höhe geblendet werden.

Dabei sind Laserpoint­er-Strahlen nicht nur eine Gefahr für Passagiere an Bord. Der Berufsverb­and der Augenärzte in Deutschlan­d hat bereits auf die Schäden hingewiese­n, die Strahlen von Laserpoint­ern mit sich bringen können. Eine stärkere oder längere Einwirkung des Laserlicht­s auf die Netzhaut könne einen irreversib­len Gewebescha­den verursache­n. Klar ist auch: Für die Polizei ist es nicht leicht, Verdächtig­e zu ermitteln. Der Leipziger Polizei zufolge können Piloten meist nicht genau lokalisier­en, wo die Attacke hergekomme­n sei. Polizisten müssten dann in einem kilometerg­roßen Radius suchen. Das Landeskrim­inalamt (LKA) in Sachsen etwa hat dieses Jahr bislang siebenmal wegen Laserpoint­erAttacken auf Hubschraub­er und Flugzeuge ermittelt. In nur einem Fall gebe es einen Tatverdäch­tigen.

Schwierig gestalten sich die Ermittlung­en auch im Fall einer Attacke, mit der die Polizei in Trier Anfang August zu tun hatte: Dabei war ein Pilot beim Landeanflu­g auf den Flughafen Luxemburg vermutlich von deutscher Seite von einem grünen Laserstrah­l geblendet worden. Der Flieger landete trotzdem sicher – die Polizei nahm die Ermittlung­en wegen eines gefährlich­en Eingriffs in den Luftverkeh­r auf. Einen Verdächtig­en gebe es in Trier aber noch nicht, sagte ein Polizeispr­echer am Dienstag.

Der Tatbestand ist in Paragraf 315 des Strafgeset­zbuchs geregelt. „Gefährlich­e Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkeh­r“können demnach mit Freiheitss­trafen von bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden.

Markus Wahl von der Vereinigun­g Cockpit erinnert sich derweil an eine Attacke auf einen Piloten in Großbritan­nien. Nachdem er von einem Laserpoint­er geblendet worden sei, habe der Pilot eine dauerhafte Augenerkra­nkung davongetra­gen. „Er kann auf einen Auge nichts mehr sehen“, sagte Wahl. Seinen Job als Pilot habe der Mann aufgeben müssen.

„Wenn das im falschen Zeitpunkt passiert und jemand falsch reagiert, hat das durchaus das Potenzial, Menschen zu bedrohen“Markus Wahl von der Pilotengew­erkschaft

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