Schwäbische Zeitung (Biberach)
Schwarze Finger gehören zu ihrem Alltag
Schemmerhoferin Tamara Reichle macht Ausbildung zur Metallbauerin
WARTHAUSEN - Um junge Menschen für das Handwerk zu begeistern, setzt die Handwerkskammer Ulm Ausbildungsbotschafter ein. Tamara Reichle aus Schemmerhofen ist seit Kurzem eine solche Botschafterin. Die 17-Jährige lernt den Beruf der Metallbauerin bei der Firma Manz in Warthausen. „Schade, dass so wenig junge Frauen sich für eine solche Ausbildung im Handwerk entscheiden“, sagt sie.
„Metallbauer ist ein Beruf, in dem der Kopf wichtiger ist als die Muskulatur.“Betriebsleiter Reiner Braunger über die Ausbildung von Tamara Reichle
„Den ganzen Tag im Büro sitzen, das ist nichts für mich“, erzählt Tamara Reichle. Beim Girl’s Day und beim Schulpraktikum im Warthauser Unternehmen Manz fand sie den passenden Beruf für sich: Metallbauerin der Fachrichtung Konstruktionstechnik. Der Werkstoff Metall fasziniert sie. „Damit kann man ganz viel herstellen: vom Treppengeländer bis zum Träger für den Bau“, berichtet die 17-Jährige. Im Praktikum fertigte sie einen zwei Meter hohen Kleiderständer. Dafür gab es direkt ein Lob von Firmenchef Franz Manz und das Angebot, eine Ausbildung im Haus zu machen. Tamara Reichle schickte eine Bewerbung, zum Vorstellungsgespräch musste sie nicht mehr kommen, sie erhielt gleich die Zusage.
Bewusste Entscheidung
In die Industrie zu gehen, war zwar eine Überlegung, aber die Schemmerhoferin entschied sich bewusst für das Handwerk. „Hier habe ich mehr Abwechslung“, erklärt sie. Die Werkstücke seien sehr unterschiedlich, mal relativ klein, mal tonnenschwer und riesig. Und: „Einmal die Woche bin ich draußen auf einer Baustelle“, schildert sie einen weiteren Aspekt, den sie an ihrem Beruf
schätzt. Dass sie bei der Arbeit auch schwarze Finger bekommt, stört die 17-Jährige nicht. „Kein Problem, die kann man waschen“, sagt sie. Wenn es einmal schwerere Metallteile zu heben gelte, erhalte sie sofort Hilfe von Kollegen, erzählt Tamara Reichle weiter. Abgesehen davon gebe es ja schließlich den Hallenkran.
„In den Zeiten der modernen Technik und der Digitalisierung muss man nicht mehr schwer heben wie früher“, betont auch Betriebsleiter Reiner Braunger. „Metallbauer ist ein Beruf, in dem der Kopf wichtiger ist als die Muskulatur.“
Im Betrieb hat Tamara Reichle nur männliche Kollegen. „Auf die Ausbildungsplätze bewerben sich
ganz selten Frauen“, so die Erfahrung von Reiner Braunger. Nur zwei weibliche Metallbauer-Azubis habe es im Unternehmen in den vergangenen 25 Jahren gegeben. Schade, findet Braunger.
Ein Monat im Ausland
Dass Tamara Reichle seit Kurzem Ausbildungsbotschafterin der Handwerkskammer ist, freut ihn umso mehr. Im Auftrag der Kammer wird sie an Schulen gehen, um den Metallbauer-Beruf vorzustellen, Fragen zu beantworten und mit den Schülern zu diskutieren. Die Neugierde der Jugendlichen dürfte dann auch Tamara Reichles geplanter Auslandsaufenthalt wecken. Im Herbst geht sie für
einen Monat nach Großbritannien. Eine Woche Sprachkurs und drei Wochen in einem Betrieb stehen auf dem Programm. Das Ganze läuft über die Handwerkskammer. Die 17Jährige ist schon gespannt auf die neuen Eindrücke.
In rund eineinhalb Jahren wird sie mit ihrer Ausbildung fertig sein. Ihr Freundeskreis ist stolz auf sie. „Die sagen: Toll, dass du das durchziehst.“Auch die Eltern freuen sich über die nicht alltägliche Berufswahl ihrer Tochter. Diese denkt bereits darüber nach, wie es nach der Ausbildung weitergehen könnte. „Eigentlich würde ich gerne den Meister oder Techniker machen. Ich bin noch am Überlegen“, sagt sie.