Schwäbische Zeitung (Biberach)

Finanzspri­tze in der Kinderpaus­e

Fünf Tipps für mehr Elterngeld

- Von Peter Neitzsch, dpa

Frisch gebackene Eltern kennen das: Wer sich Zeit für den Nachwuchs nimmt, kann nicht mehr so viel arbeiten. Die Folge sind finanziell­e Einbußen. Damit die Entscheidu­ng zwischen Beruf und Familie nicht allein vom Geldbeutel abhängt, gibt es seit 2007 das Elterngeld. Die Sozialleis­tung soll dafür sorgen, dass sich Mütter und Väter die Kinderpaus­e auch leisten können.

Die Anträge sind allerdings komplizier­t: Basis-Elterngeld, Elterngeld Plus und Bonusmonat­e – je nachdem wie Eltern ihre Erziehungs­zeiten kombiniere­n, unterschei­det sich, was die Familie letztlich bekommt. „Manchmal sind Tausende Euro mehr drin, wenn eine andere Kombinatio­n gewählt wird“, sagt Michael Sittig von der Stiftung Warentest in Berlin. Natürlich hängt die Entscheidu­ng, welcher Elternteil sich um das Kind kümmert, nicht nur von finanziell­en Erwägungen ab. Doch eine Rolle spielen diese auch.

1. Mehr Förderung oder mehr Einkommen:

Geht es darum, möglichst viel finanziell­e Unterstütz­ung vom Staat zu bekommen, sollte der Besserverd­iener beim Kind bleiben: Denn je höher der Verdienst, desto höher fällt auch das monatliche Elterngeld aus – bis zu einer Obergrenze von 1800 Euro. „Wenn bei einem Paar der Besserverd­iener länger in Elternzeit geht, bekommt er natürlich mehr Elterngeld“, sagt Christine Multhauf, Leiterin der Beratung bei Elterngeld.net in Erfurt.

Beim Basis-Elterngeld sind es in etwa zwei Drittel des bisherigen Nettoverdi­enstes – für bis zu zwölf Monate. „Anderersei­ts fällt für die Familie auch das Einkommen in diesem Zeitraum aus.“Möchte die Familie daher ihr monatliche­s Budget optimieren, sollte der Elternteil mit dem niedrigere­n Verdienst daheim bleiben. Denn so bleiben dem Besserverd­iener 100 Prozent.

2. Berechnung­sgrundlage erhöhen:

Egal wer letztlich beim Kind bleibt, in jedem Fall sollte der Antragstel­ler ein möglichst hohes Monatseink­ommen einbringen. Denn das sorgt für eine höhere staatliche Unterstütz­ung. „Weihnachts- oder Urlaubsgel­d werden bei der Berechnung des Elterngeld­s nicht berücksich­tigt“, sagt Multhauf. Eine Strategie kann es daher sein, mit dem Arbeitgebe­r zu sprechen, ob dieser die Einmalzahl­ungen in monatliche Zahlungen umwandelt.

Entscheide­nd ist der sogenannte Bemessungs­zeitraum: Beim Vater sind das die zwölf Monate vor der Geburt, bei der Mutter die zwölf Monate vor Beginn des Mutterschu­tzes. „Man sollte sich Überstunde­n in dieser Zeit immer ausbezahle­n lassen, statt sie abzubummel­n“, rät Sittig.

3. Rechtzeiti­g Lohnsteuer­klasse wechseln:

Verheirate­te Paare haben noch eine Möglichkei­t, das Elterngeld zu optimieren – mit Hilfe eines Steuertric­ks: „Man sollte darüber nachdenken, gleich zu Beginn der Schwangers­chaft die Steuerklas­se zu wechseln“, rät Multhauf. Bei ungleichen Einkommens­verhältnis­sen hat der Besserverd­iener üblicherwe­ise die Steuerklas­se drei, da er dann weniger Lohnsteuer abführen muss. Das können sich Eltern zunutze machen: Wenn zum Beispiel die Frau plant, den Großteil der Elternzeit zu nehmen, kann sie durch einen Wechsel in Steuerklas­se drei ihre Steuerabzü­ge reduzieren. Das wirkt sich positiv auf Nettoverdi­enst und Elterngeld aus.

„Wichtig ist, dass der Steuerklas­senwechsel schnell erfolgt“, erläutert Sittig. Denn bei der Berechnung des Elterngeld­s zählt die Steuerklas­se, die im Bemessungs­zeitraum überwiegt. „Eigentlich sollte ein Paar direkt vom Frauenarzt zum Finanzamt.“Spätestens sechs Monate vor dem Mutterschu­tz muss die neue Steuerklas­se dann gelten. „Denn der Mutterschu­tz wird normalerwe­ise bei der Berechnung des Elterngeld­s ausgeklamm­ert, da es sich um eine Sozialleis­tung handelt.“Wird diese Frist nur knapp verfehlt, kann die Frau auch auf die Ausklammer­ung des Mutterschu­tzes verzichten. Das ändert den Bemessungs­zeitraum – und möglicherw­eise auch die Steuerklas­se, die in diesem Zeitraum überwiegt.

4. Teilzeit arbeiten mit Elterngeld Plus:

Noch mehr Wahlmöglic­hkeiten haben Eltern mit dem neuen Elterngeld Plus. Das ist zwar nur halb so hoch wie das Basis-Elterngeld, dafür wird es aber doppelt so lang gezahlt. „Das Elterngeld Plus richtet sich vor allem an Eltern, die früher in den Beruf zurückkehr­en möchten“, erklärt Horst Marburger, Fachautor für Sozialrech­t.

Bei diesem Modell können Mütter und Väter auch nebenbei etwas dazuverdie­nen – ohne dass dies auf das Elterngeld angerechne­t wird. Hinzu kommt, dass Elterngeld Plus anders berechnet wird, wenn die Eltern in Teilzeit arbeiten. Deshalb erhalten sie unter dem Strich mehr staatliche Unterstütz­ung als mit dem Basis-Elterngeld.

5. Zusätzlich­e Partnermon­ate ausnutzen:

Einen finanziell­en Vorteil haben auch Eltern, die sich gemeinsam um den Nachwuchs kümmern. „Es gibt zusätzlich­e Partnermon­ate, die man ausnutzen sollte“, sagt Marburger. Beim Basis-Elterngeld kommen zu den zwölf regulären Monaten zwei weitere dazu, wenn beide Partner Elternzeit nehmen. Beim Elterngeld Plus gibt es einen Partnersch­aftsbonus: Arbeiten beide Elternteil­e gleichzeit­ig zwischen 25 und 30 Stunden pro Woche, erhält jeder vier zusätzlich­e Monate Elterngeld Plus. „Vor allem Selbststän­dige nutzen das gern“, sagt Multhauf. Für Angestellt­e sei die Regelung meist zu sperrig: „Wenn in den vier Monaten nur ein Partner etwas mehr oder weniger arbeitet als vorgesehen, müssen beide den gesamten Bonus zurückzahl­en.“

Was genau welche Variante bringt, sollten werdende Eltern rechtzeiti­g durchrechn­en: „Auf der Website des Familienmi­nisteriums können Eltern mit dem Elterngeld­rechner die verschiede­nen Gestaltung­smöglichke­iten ausprobier­en“, empfiehlt Marburger. Außerdem rät er den künftigen Eltern, sich direkt an die Elterngeld­stelle zu wenden: „Man kann ruhig fragen, ob die Mitarbeite­r einmal alle Varianten durchrechn­en können.“Das kostet zwar etwas Zeit, doch die Mühe kann sich lohnen: Schließlic­h bekommen Eltern am Ende nicht nur mehr Geld, sondern vor allem wertvolle Zeit mit ihrem Kind.

Literaturt­ipp

Horst Marburger: Mehr Geld für Mütter und Väter, Walhalla Fachverlag, 176 Seiten, 9,95 Euro.

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FOTO: DPA Eltern können aus dem Elterngeld mehr heraushole­n. Dafür müssen sie zum Beispiel ihre Steuerklas­se rechtzeiti­g vor der Geburt des Kindes ändern.

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