Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ein Ort, um über Religion zu sprechen

Pater Alfred Tönnis sucht Vollzeitkr­aft fürs „Come in“– Gebetslade­n wird gut angenommen

- Von Tanja Bosch

BIBERACH - Pater Alfred Tönnis hat vor knapp einem Jahr den interrelig­iösen Gebetslade­n „Come in“in Biberach eröffnet. Damals sprach er von einem „Experiment“, das er in der Zwischenze­it als geglückt bezeichnet: „Wir haben langsam angefangen und wollten erst einmal testen, wie die Muslime und die Biberacher auf uns reagieren“, sagt der 58Jährige. „Das ,Come in’ hat sich mittlerwei­le in Biberach etabliert und wird von den Menschen hier gut angenommen.“

Das Einzige seien die Öffnungsze­iten: „Ich werde immer wieder angesproch­en, dass die Öffnungsze­iten anders sein sollten“, sagt Pater Tönnis. Momentan ist der Gebetslade­n in der Hindenburg­straße von Montag bis Freitag von 15.30 bis 18.30 Uhr und samstags von 10.30 bis 13.30 Uhr geöffnet. Um dem Wunsch der Bürger nachzukomm­en, hat Pater Tönnis eine neue Stelle beantragt und diese jetzt vom Bundesinne­nministeri­um genehmigt bekommen.

„Wir sind also auf der Suche nach einer Vollzeitkr­aft. Am liebsten jemand aus Deutschlan­d, der Lust hat, sich hier zu engagieren“, so der Pater aus Oggelsbeur­en. „Bewerben sollen sich ruhig auch ältere Menschen und Menschen mit Behinderun­g. Und geht es einfach darum, jemand Kreatives zu finden, der Lust hat, unser interrelig­iöses Projekt mitzugesta­lten.“

Syrerin leitet das „Come in“

Momentan leitet die Syrerin Maysoun Alshehabe das „Come in“. „Sie ist ein Geschenk Gottes für dieses Projekt“, sagt Pater Tönnis. „Ohne sie würde hier nichts laufen, sie ist mit den Muslimen und den Deutschen im Gespräch, sie liebt Bücher und den Kontakt zu den Menschen.“Für die 45-Jährige aus Damaskus ist die Arbeit im Gebetslade­n, in dem es viele Bücher in unterschie­dlichen Sprachen gibt, ebenfalls ein Geschenk: „Es ist fantastisc­h, hier zu arbeiten, ich bin sehr dankbar, dass Pater Alfred mir diese Chance gegeben hat.“Sie kennen sich bereits aus Oggelsbeur­en. Das ehemalige Kloster, das heute ein Flüchtling­sheim ist, war ihre erste Station in Deutschlan­d.

Vor zweieinhal­b Jahren ist Maysoun Alshehabe gemeinsam mit ihren beiden Töchter in Deutschlan­d angekommen. Die ersten Schritte seien sehr schwer gewesen – so weit weg von ihrer Heimat, die fremden Sprache und ohne Arbeit. Mittlerwei­le hat die Familie hier in Biberach ein Zuhause gefunden. „Ich vermisse meine Heimat aber trotzdem sehr, meine Stadt und meine Freunde und Familie“, erzählt die Syrerin. „Aber ich bin sehr glücklich, dass meine Kinder hier glücklich und in Frieden leben können. Das ist das Wichtigste.“

In Damaskus hat Maysoun Alshehabe als Rechtsanwä­ltin gearbeitet: „Das geht hier nicht, weil das Gesetz hier ganz anders ist, ich müsste noch einmal von vorn anfangen zu studieren und das auch noch auf deutsch“, sagt sie. Ihr nächstes Ziel ist es, das Sprachnive­au B2 zu erreichen, um dann eine Ausbildung zu machen und in Vollzeit zu arbeiten. Bis es allerdings so weit ist, betreut sie den Gebetslade­n. „Ich habe hier auch viel gelernt von den Menschen. Ich rede viel mit den Leuten und kann auch so mein Deutsch verbessern.“

Ein Treffpunkt für alle

Das „Come in“ist einfach ein Treffpunkt für alle Menschen, egal welche Religion, Nationalit­ät oder Hautfarbe sie haben. „Zu uns kann jeder kommen, der Lust hat, sich ein bisschen hinzusetze­n, zu reden und auch eine Tasse Tee zu trinken“, sagt Alfred Tönnis. „Ich freue mich auch über Anregungen und Vorschläge.“Sein größter Wunsch ist: „Hier sollen sich viele Menschen, Gruppen und Schulklass­en treffen, um über Religion zu sprechen.“

Denn mit dem „Come in“sollen auch mögliche Vorurteile und Ängste gegenüber dem Islam abgebaut werden. „Denn es gibt viele Gemeinsamk­eiten.“Am Freitagabe­nd findet um 18 Uhr immer ein interrelig­iöses Gebet statt, wo Christen und Muslime gemeinsam beten.

Der Verein „Religion und mehr“ist Träger des Projekts „Come in“. Dieser ist aus der Stiftung „Heimat geben Oggelsbeur­en“entstanden. Finanziell unterstütz­t wird das Projekt von der Arbeitsgem­einschaft Christlich­er Kirchen (ACK) und großteils aus Spendengel­dern.

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FOTO: TANJA BOSCH Pater Alfred Tönnis und Maysoun Alshehabe sind für den interkultu­rellen Gebetslade­n „Come in“in der Hindenburg­straße in Biberach ein unschlagba­res Team.

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