Schwäbische Zeitung (Biberach)

Straßenkre­uzer als Lebensunte­rhalt

Marc Schäfer aus Mittelbibe­rach ist als einer von hunderten Oldtimer-Fans beim „Street Flames“dabei

- Von Hannes Weik

MITTELBIBE­RACH – Mehrere Hundert Oldtimer-Freunde treffen sich am kommenden Samstag wieder zum „Street Flames“im Mittelbibe­racher Gewerbegeb­iet. Marc Schäfer aus dem Ort hat wohl den kürzesten Anreiseweg­e, er ist nicht zum ersten Mal dabei.

Sein Schlüssele­rlebnis hatte Schäfer mit sechs Jahren. Ab und zu verbrachte er Zeit in der Firma seines Vaters und eines Tages stand er auf dem Parkplatz: ein Buick. Glänzendes Chrom, dunkelgrün-metallic, weißes Dach. Es war der Wagen eines Monteurs und Schäfer sah ihn

„Sie sind wie Kinder, machen ständig Arbeit, wollen unterhalte­n und bewegt werden.“Marc Schäfer, Oldtimer-Sammler Mittelbibe­rach

immer wieder. „Das hat sich bei mir eingeprägt“, erzählt er heute.

Inzwischen ist er 47 Jahre alt und nennt vier amerikanis­che Straßenkre­uzer sein Eigen: einen Lincoln Premiere, Baujahr 1957, einen Oldsmobile Ninety Eight von 1960, einen Buick Electra aus dem Jahre 1973 und einen Mercury Marquis von 1976. „Mehr schaff ’ ich einfach nicht“, sagt Schäfer und fügt hinzu: „Sie sind wie Kinder, machen ständig Arbeit, wollen unterhalte­n und bewegt werden.“

Geld für Autos gespart

Das Geld, das er dafür braucht, spart Schäfer an anderer Stelle. Das hat er schon immer so gemacht: Mit 15 Jahren begann er, sein Geld auf die Seite zu legen, verkniff es sich sogar, ein Moped zu kaufen. Die amerikanis­chen Straßenkre­uzer, die er aus Filmen wie „Fluchtpunk­t San Francisco“oder „American Graffiti“kannte, reizten ihn ohnehin viel mehr.

„Es war gar nicht so leicht, an so ein Auto zu kommen“, erinnert er sich. In Ulm besuchte er regelmäßig Clubs und Plattenläd­en, kam dabei Der Oldtimer-Liebhaber Marc Schäfer mit seinem Lincoln Premiere, Baujahr 1957. Auch dieses Auto wird er bei der Street Flames im Mittelbibe­racher Gewerbegeb­iet zur Schau stellen.

mit amerikanis­chen Soldaten in Kontakt. Schließlic­h erfuhr er von einem Händler in Bad Schussenri­ed, der amerikanis­che Gebrauchtw­agen weiterverk­aufte. 1989 schlug Schäfer zu, kaufte sich einen altersschw­achen Plymouth Fury, Baujahr 1978.

Sein Vater sei anfangs nicht begeistert gewesen, habe das Gefährt eine „Zuhälter-Karre“genannt. Doch Schäfer ließ sich nicht beirren, reparierte

es eigenhändi­g und bekam schließlic­h eine TÜV-Zulassung. „Das Wissen über die Reparatur habe ich mir selbst angeeignet. Ist auch nicht so schwer. Mit einem Schraubenz­ieher und einem Halbzollsc­hlüssel kommt man schon weit.“

Die Ersatzteil­e bekam Schäfer per Versandhan­del oder über Kontaktper­sonen direkt aus den Staaten. „Ich musste Dollarnote­n in Briefumsch­lägen

über den Atlantik schicken und hoffen, dass irgendwann das richtige Ersatzteil bei mir ankommt.“Heute hat er es leichter. Auch Nostalgike­r sind über das Internet organisier­t. Über mehrere Facebook-Gruppen ist Schäfer mit etwa 5000 Sammlern aus aller Welt vernetzt.

Ersatzteil­e direkt aus den USA

Oder Schäfer reist einfach selbst in die USA. Beruflich muss er sowieso mehrmals im Jahr dorthin. Denn der gelernte Grafikdesi­gner arbeitet als freier Handelsver­treter und berät amerikanis­che Unternehme­n, hauptsächl­ich aus der Baubranche, die ihre Produkte auf dem deutschen Markt verkaufen möchten. „Wenn ich auf meinen Reisen ein Auto sehe, das mich fasziniert, lasse ich es mir per Spedition nachhause liefern“, sagt Schäfer. Auf eine Marke festlegen

wollte er sich dabei nie.

Über das Sommerhalb­jahr fährt Schäfer zu mehreren Oldtimer-Treffen und tauscht sich dort mit anderen Sammlern aus. „Street Flames“sei aber das einzige Treffen, bei dem er mit allen seinen vier Straßenkre­uzern präsent sein könne. Über den Winter zieht er sich in seine Werkstatt zurück und erledigt Reparature­n. „Endlos viele Stunden habe ich damit verbracht. Daran sind schon Beziehunge­n zerbrochen. Die Oldtimer sind eben mein Lebensinha­lt.“

Schäfer ist zufrieden mit seiner Sammlung und weiß es zu schätzen, dass die Bedingunge­n für ein solches Hobby in Deutschlan­d derzeit recht gut seien. Ein paar Zukunftsso­rgen hat er aber trotzdem. Gesetzesän­derungen, verschärft­e Umweltaufl­agen oder Fahrverbot­e könnten ihm eines Tages durchaus den Spaß verderben.

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FOTO: HANNES WEIK

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