Schwäbische Zeitung (Biberach)

Nur auf der Durchreise

- Von Daniela Bleher

Die großen Ferien nutzen viele für eine Auszeit und für Erholung. Für nicht wenige ist es aber auch eine Zeit, in der man Dinge tut, die während des Jahres zu kurz kommen. Dazu zählt zum Beispiel auch das Aufräumen des Kellers, das Ausmisten von alten Sachen, die man nicht mehr braucht und die alt und kaputt sind. Auch wir haben uns das als Familie für dieses Jahr vorgenomme­n.

Oft ist es gar nicht so leicht, sich von Dingen zu trennen: Zum Beispiel von Büchern, in die man lange nicht mehr hineingesc­haut hat, von Kleidern, die man schon etliche Jahre nicht mehr getragen hat, von Küchenuten­silien, die nicht wirklich nützlich sind, sondern eher nur Platz wegnehmen oder von Unterlagen, die schon längst keine Gültigkeit mehr haben. Manchmal verbinden sich mit Dingen Erinnerung­en an wichtige Zeiten im Leben oder an liebe Menschen. Das alte Bett von der Großmutter, das ich eigens für die Studentenb­ude abgelaugt und gestrichen habe. Das Kleid, das ich für die Hochzeitsf­eier eines guten Freundes gekauft habe. Von beidem kann und will ich mich nun wirklich nicht trennen.

Wenn ich meinen Blick durch unsere Wohnung schweifen lasse, dann merke ich trotz allem, dass viele Dinge herumstehe­n, die wir fürs Leben eigentlich gar nicht brauchen. Wie viele Dinge schaffen wir uns an, die fürs eigentlich­e Leben überflüssi­g sind?

Die Konsumgese­llschaft macht es uns ja auch leicht, Dinge anzuschaff­en und schnell wieder wegzuwerfe­n, wenn sie uns nicht mehr gefallen oder repariert werden müssten.

Eine Geschichte veranschau­licht ganz gut, wie sehr wir doch alle im Überfluss leben.

Ein Tourist macht Station in einem Kloster. Er wird freundlich aufgenomme­n, und man bietet ihm eine Mönchszell­e als Schlafquar­tier an. Darin stehen nur ein Bett und ein Stuhl. Als der Tourist das sieht, fragt er überrascht: „Und wo sind Ihre Möbel?“„Wo sind denn Ihre?“erwidert der Mönch. Verwirrt antwortet der Tourist: „Ich bin ja nur auf der Durchreise.“Der Mönch lächelt: „Wir auch.“

Wer also wie ein Mönch lebt, der lebt bescheiden und einfach und konzentrie­rt sich auf die geistigen und geistliche­n Dinge im Leben. Er geht mit inneren Themen um und verliert sich nicht in Äußerlichk­eiten. Ab und an ist es tatsächlic­h auch für unsereins gut, darüber nachzudenk­en, welche Dinge wir entbehren können. Sehr schnell merken wir dann, wie sehr Besitz die Kräfte bindet und uns aus unserer Mitte reißt. Eben dann ist der Blick frei für das, was die Seele wirklich nährt und erfüllt. Mag sein, dass beim Blick nach innen uns Gott begegnet.

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FOTO: PRIVAT Daniela Bleher

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