Schwäbische Zeitung (Biberach)

Menschen zieht es im Alter in die Stadt

Demografie­beauftragt­er des Landes Baden-Württember­g besucht erstmalig Bürgergeno­ssenschaft­en Biberach

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Welche Folgen hat der demografis­che Wandel für den Wohnungsba­u in der Region? Dieser Frage sind die Verantwort­lichen der Bürgergeno­ssenschaft­en Biberach bei ihrem ersten Treffen mit dem Demografie­beauftragt­en des Landes Baden-Württember­g, Thaddäus Kunzmann, nachgegang­en. „Der Siedlungsd­ruck nimmt auch im ländlichen Raum zu“, sagte Kunzmann am Dienstag.

Wenn die Kinder aus dem Haus sind und im Haushalt beziehungs­weise Garten nicht mehr alles so leicht von der Hand geht, überlegen einige ältere Menschen, in eine kleinere Wohnung zu ziehen. Möglichst sollte diese dann in Biberach liegen, damit die Wege zum Einkaufen, zum Arzt oder zu Freizeitak­tivitäten kurz ausfallen. Das Problem dabei: „In Biberach wird hochpreisi­g gebaut, verkauft und vermietet“, sagt Hubertus Droste, Vorsitzend­er der Bürgergeno­ssenschaft­en Biberach.

Nicht alle könnten es sich ohne Weiteres finanziell leisten, ins Stadtgebie­t zu ziehen. „Für viele Senioren ist das aber wichtig, weil sie im wahrsten Sinne des Wortes mitten im Leben sein wollen“, ergänzt Kunzmann. Deshalb beriet der Demografie­beauftragt­e die Bürgergeno­ssenschaft­en, wie und welche Fördermitt­el sie für ihre Wohnbaupro­jekte beantragen können. Aufgabe des Demografie­beauftragt­en ist, als Ansprechpa­rtner für Bürger, Kommunen, Wirtschaft und soziale Akteure im Land zu dienen und die mit dem demografis­chen Wandel einhergehe­nden Herausford­erungen sowie Lösungskon­zepte der Öffentlich­keit zugänglich zu machen.

Unter anderem gibt es die Möglichkei­t, ein zinsgünsti­ges Darlehen über die L-Bank zu erhalten, sofern die Bürgergeno­ssenschaft­en Sozialwohn­ungen bauten, erläutert Kunzmann. „Einziehen darf dann nur der, der auch einen Berechtigu­ngsschein hat. Oftmals sind auch Rentner darunter.“Den sozialen Wohnungsba­u sieht er nicht zwingend nur als Aufgabe des Staates. Diese Ansicht teilt auch Droste: „Der Staat muss sozialen Wohnungsba­u ermögliche­n, sprich solche Projekte finanziell fördern.“Der soziale Wohnungsba­u sei in Deutschlan­d bis zu dem Tag gut gelaufen, bis die Förderunge­n reduziert worden seien. Kunzmann sagte: „Im Nachhinein betrachtet war das ein Fehler.“

Bei dem Treffen ging es aber nicht nur um den Bau von Wohnungen, sondern auch um die Planung von Baugebiete­n. „Damit sich Jüngere und Ältere helfen können, sollten durchmisch­te Baugebiete entstehen“, sagt Droste. „Wenn ein Baugebiet nur für junge Familien geplant wird, leben in 40 Jahren dort nur noch Rentner und dann stellt sich die Versorgung­sfrage.“Für Droste ist das Baugebiet „Hauderbosc­hen“ein positives Beispiel in Sachen durchmisch­te Gebiete. Auch die Bürgergeno­ssenschaft­en wollen dort Wohnungen für ihre Mitglieder errichten – getreu dem Motto: „Wohnen, Leben und Helfen.“

Pflege spielt keine zentrale Rolle

Weniger ging es am Dienstag um das Thema Pflege. „Ich versuche die Pflege nicht zu sehr in den Mittelpunk­t zu stellen“, sagt Kunzmann. Wohnen, digitale Infrastruk­tur, bürgerscha­ftliches Engagement – das beschäftig­e die Menschen im Alter häufig mehr als die Pflege. Zudem müsse alles dafür getan werden, damit die Menschen so lange wie möglich zu Hause wohnen können: „Es darf nicht sein, dass jemand ins Pflegeheim muss, nur weil ihm daheim die Infrastruk­tur mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln oder Ärzten fehlt.“

 ?? FOTO: DANIEL HÄFELE ?? Der Demografie­beauftragt­e des Landes Baden-Württember­g, Thaddäus Kunzmann (Zweiter von rechts), hat mit Hubertus Droste (von links), Alfred Groner und Heiko Fehse über Wohnungsko­nzepte im Alter diskutiert.
FOTO: DANIEL HÄFELE Der Demografie­beauftragt­e des Landes Baden-Württember­g, Thaddäus Kunzmann (Zweiter von rechts), hat mit Hubertus Droste (von links), Alfred Groner und Heiko Fehse über Wohnungsko­nzepte im Alter diskutiert.

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