Schwäbische Zeitung (Biberach)
Gudrun Diebold geht es um die Sache
Kirchbergerin ist ÖDP-Direktkandidatin bei der Bundestagswahl – bereits zum dritten Mal
DETTINGEN/KIRCHBERG - Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl hat sie zum Eintritt in die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) bewegt. Im Landkreis Biberach ist sie längst Aushängeschild jener Partei, die den Grundsatz „Mensch vor Profit“in den Mittelpunkt ihrer Politik stellt: Gudrun Diebold aus Kirchberg. Die 61-Jährige ist die ÖDP-Bundestagskandidatin im Wahlkreis Biberach, nach 2009 und 2013 tritt sie zum dritten Mal bei Bundestagswahlen an. Die Zahl der ÖDP-Wahlkampftermine ist überschaubar. Einer der wenigen war am Mittwochabend in Dettingen, als die ÖDP-Bundesvorsitzende Gabriela Schimmer-Göresz auftrat.
Gut 30 Leute waren in die Gaststätte „West-Point“gekommen – ein Zuspruch, der Schimmer-Göresz zunächst „sprachlos“machte. Anschließend hielt die ÖDP-Direktkandidatin im Bundestagswahlkreis Neu-Ulm und Spitzenkandidatin auf Platz eins der bayerischen Landesliste eine einstündige Rede unter dem Titel „Mensch vor Profit“. Sie mahnte, die Demokratie wieder mehr zu stärken („Wir haben eine Vertrauenskrise. Wenn unser Betriebssystem ausfällt, haben wir ein echtes Problem.“), forderte, Firmenspenden an Parteien zu verbieten („Wir lassen uns nicht von Lobbyisten kaufen, Firmenspenden sind von gestern.“) und kritisierte den Energie- und Ressourcenverbrauch („Unsere Kinder und Enkelkinder werden uns verfluchen, wenn wir keinen Fluchtweg aus unserer Leitkultur der Verschwendung finden.“).
Seit 1979 in Kirchberg
Werte und Themen, die sich auch Gudrun Diebold seit bald 30 Jahren auf die Fahnen geschrieben hat. Was die ÖDP-Bundesvorsitzende und die Kirchbergerin zudem eint: Beide fanden durch Tschernobyl den Weg in die ÖDP. Ende der 1980er-Jahre, so Diebold im SZ-Gespräch, habe sie gedacht: Moment, so geht es nicht weiter. „Ich wollte mich damals engagieren und will es heute immer noch. Das ist einfach wichtig.“Dieses Engagement steckt die gelernte Krankenschwester „Wir müssen so leben, dass dies auch andere Menschen sowie nachfolgende Generationen können“: ÖDP-Kandidatin Gudrun Diebold bei der Wahlkampfveranstaltung in Dettingen.
aber nicht nur in die Politik, sondern vor allem in die Musik. Als die gebürtige Schrambergerin 1979 nach Kirchberg zog, hatte sie den Eindruck, dass sie als Musikerin mehr gebraucht werden kann denn als Krankenschwester. Sie gründete den Kammermusikkreis Illertal, dirigierte Chöre und Orchester. Derzeit ist Diebold Dirigentin des katholischen Kirchenchors Sinningen und des evangelischen Kirchenchors Kirchdorf, unterrichtet außerdem Schüler an der Geige.
So hat sich die Mutter von vier Kindern im Laufe der Jahrzehnte einen Namen gemacht, speziell im Illertal. 1999 wurde sie in den Kirchberger Gemeinderat gewählt, war jahrelang Erste stellvertretende Bürgermeisterin der Illertalgemeinde, erst im Juli dieses Jahres verließ sie das Gremium auf eigenen Wunsch. Im Friedensbündnis Biberach und als Mitglied des Kreisseniorenrats engagiert sich Diebold nach wie vor. „Mein Gesicht kennt man hier“, weiß die Kirchbergerin – was auch einer der Gründe sei, warum sie für die ÖDP einmal mehr auf dem Wahlzettel steht. „Es ist wichtig, eine gewisse Konstanz an der Spitze zu haben.“
Seit 2003 ist die 61-Jährige Vorsitzende des ÖDP-Kreisverbands Biberach, kann mittlerweile nicht nur auf zwei Bundestags- sondern auch auf fünf Landtagskandidaturen zurückblicken.
Wer seit so vielen Jahren dabei ist, weiß die Chancen der ÖDP bei Wahlen auf Landes- und Bundesebene einzuschätzen. „Wir wissen, dass wir nicht reinkommen“, sagt Diebold. „Aber uns muss es trotzdem geben.“Was auf lokaler Ebene in Gemeinderäten und Kreistagen – seit 2014 gar im EU-Parlament – ja auch der Fall sei. Welche Erwartungen Diebold mit ihrer Kandidatur verknüpft? „Dass unsere Ideen in viele Köpfe gehen.“Exemplarisch nennt Diebold Unabhängigkeit
einer Partei von der Wirtschaft, Erziehungsgehalt für Eltern oder fairen Handel. „Wir müssen so leben, dass dies auch andere Menschen sowie nachfolgende Generationen können.“Ein wichtiges Anliegen ist Gudrun Diebold auch der Schutz ungeborenen Lebens. „Das war für mich einst ein weiterer Grund, in die ÖDP einzutreten.“
Einen Wahlkampf wie andere Parteien kann sich die ÖDP schon deshalb nicht leisten, weil sie keine Parteispenden von Firmen annimmt. In ausgewählten Ortschaften hängen Wahlplakate, aber längst nicht überall. Bei der Bundestagswahl 2013 holte Gudrun Diebold 1958 Erststimmen (1,6 Prozent), 2009 waren es 1734 (1,5 Prozent). Zahlen, die für die ÖDPKandidatin keine Rolle spielen. „Es geht immer um die Sache, nicht darum, wie viele Stimmen ich bekomme.“Darum, Themen anzusprechen, die nach ÖDP-Ansicht bei den etablierten Parteien zu wenig im Fokus stehen. An erster Stelle natürlich die Energiewende. Gabriela SchimmerGöresz formulierte es in Dettingen folgendermaßen: „Wird das Ausmaß der ökologischen Krise unseres Planeten überhaupt wahrgenommen?“