Schwäbische Zeitung (Biberach)
Musik und Poesie der Renaissance im Renaissanceschloss
Ludwigsburger Schlossfestspiele in Wolfegg: Hannelore Elsner, Franz Vitzthum und die Lautten Compagney Berlin
WOLFEGG - Eine Produktion der Ludwigsburger Schlossfestspiele erlebte im Rittersaal von Schloss Wolfegg eine vom Publikum bejubelte Aufführung: zusammen mit der neunköpfigen Lautten Compagney Berlin unter ihrem Leiter Wolfgang Katschner und dem Countertenor Franz Vitzthum las Hannelore Elsner aus den Sonetten von William Shakespeare.
Grandios war schon das Ensemble mit zwei Gamben, zwei Theorben, Cembalo und Truhenorgel, einem ingeniösen Perkussionisten, Violine, Bratsche, einer virtuosen Flötenspielerin und einem Zink, der so kräftig wie eine Trompete und so weich wie eine Posaune klang. Die höchst vielseitigen instrumentalen Werke und Lieder von Shakepeares Zeitgenossen wie John Dowland, Robert Johnson oder Thomas Campion und frühbarocken Meistern wie Henry Purcell und jüngeren wie John Playford, Matthew Locke oder John Weldon ließen akustisch eine ganze Welt höfischer Kultur erstehen. Diese erfreute sich auch mal an populärer Musik mit Maultrommel. Singen und Tanzen gehörten zur guten Erziehung und zum Tagesablauf.
Wie auch der strahlende Gesang des Countertenors Franz Vitzthum. Schloss man die Augen, hörte man einen Sopran, ohne jegliche Schärfe, von ausgewogener Kraft auch im mühelosen Piano, mit einem solch bestrickenden Legato, dass diese fast immer wehmütigen, traumverlorenen und innigen Melodien einen tief anrührten und noch lange nachklangen.
Im Wechselspiel zur Dame des Abends: Hannelore Elsner, im sommerlich zarten Kleid, saß, beglückt von der Musik, graziös und lächelnd an einem Tischchen und gab der Lesung mit ihrer warmen Stimme und der sinnlich aufgeladenen Sprechweise den Charakter eines vertraulichen Gesprächs mit einem gedachten Gegenüber.
Form und Rhythmus der englischen Sonette, drei Vierzeiler und ein Couplet, verschwanden jedoch durch die Zeilensprünge und die manchmal mehr fragende als betonende Intonation in einen poetischen Hintergrund. Es glich alles eher einer raunenden Erzählung. Da Elsner mit Gesten sparsam umging, vermisste man ein wenig das Spiel der Rezitation oder der Deklamation, weil so die poetische Wucht oder Drastik einzelner Bilder kein großes Eigenleben entwickeln konnte.
Insgesamt eine ganz eigene Hörerfahrung, die durch die zum Teil modernen Übertragungen der Sonette eine neue Deutung der Beziehungen zwischen den Geschlechtern vornahm. Denn es sind Texte, in denen ein Mann spricht, die Frau verehrt oder geschmäht wird, die geliebte Person aber offensichtlich ein Mann ist: das Geschlecht also ein Verwirrspiel? Hier wurde jedoch durch den wunderbaren Altus und die dunkle Sprechstimme gleichzeitig die Verschränkung des Weiblichen und Männlichen auf ganz eindrückliche Art zur Synthese. Begeisterung und Jubel – und als Zugabe noch mal ein Lied von John Dowland.