Schwäbische Zeitung (Biberach)
Reinalter: Wahlkampfplakate werden zuhauf verunstaltet oder abgerissen
Bundestagskandidatin der Grünen will Anzeige erstatten – Die anderen Bewerber sehen dafür einstweilen keine Notwendigkeit
LAUPHEIM (ry) - Die Zerstörung von Wahlkampfplakaten habe in Laupheim ein unerträgliches Ausmaß angenommen, beklagt die grüne Bundestagskandidatin Anja Reinalter. Sie will Anzeige gegen Unbekannt erstatten.
Zerfleddert, beschmiert, überklebt, abgerissen: In alarmierender Zahl, so Reinalter, würden seit Wochen in der Kernstadt und den Teilorten Wahlkampfplakate massakriert oder entwendet. Keineswegs nur die der Grünen, sondern auch welche von anderen Parteien. Wer so etwas vorsätzlich tue, handele zutiefst undemokratisch. „Im Übrigen ist das kein Kavaliersdelikt, sondern ein Straftatbestand.“Anja Reinalter sagt, dass allein sie in zwölf bis 15 Fällen betroffen sei. Sie will den finanziellen Schaden überschlagen und Anzeige erstatten. Per Mail hat sie die Mitbewerber Josef Rief (CDU), Martin Gerster (SPD), Tim Hundertmark (FDP) und Ralph Heidenreich (Die Linke) darüber informiert; auch Plakate dieser Parteien seien in Laupheim beschädigt worden.
„Oft sind ,dumme Jungs’ am Werk“
„Wir werden definitiv keine Anzeige erstatten“, sagt die CDU-Kreisgeschäftsführerin Angela Kuon. Der Laupheimer CDU-Stadtverband habe keinen Vandalismus größeren Umfangs gemeldet. Dass Plakate verunstaltet werden oder fehlen, das passiere in jedem Wahlkampf. Häufig seien die sprichwörtlich „dummen Jungs“am Werk; werden sie erwischt, gehe man auf die Eltern zu – „wir möchten den jungen Leuten nicht durch eine Anzeige etwas verbauen“. Kuon appelliert an die Bevölkerung, den politischen Wettbewerb, der zur Demokratie gehöre, zuzulassen.
Der SPD-Kandidat Martin Gerster will sich zunächst umhören, ob die Zerstörung von Wahlplakaten im Wahlkreis Biberach tatsächlich eine neue Dimension erreicht hat. Das sei für ihn schwierig zu beurteilen. Von einigen „unschönen“Fällen weiß er indes zu berichten. In Riedlingen seien Plakate mit Aufklebern der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ versehen, in Winterreute nach Angaben von Bürgern zwei Gerster-Konterfeis abgefackelt worden. Die Chancen, die Täter ausfindig zu machen, stünden meist schlecht. „Wir sollten alle froh sein, dass wir in einer Demokratie mit freien Wahlen leben dürfen“, sagt der Abgeordnete. Dazu gehöre, dass die Parteien insbesondere vor Wahlen ihr Personal und ihre Positionen präsentieren. „Wer mit einer Partei nicht einverstanden ist, soll das bitte in der Wahlkabine zum Ausdruck bringen.“
Aus Sicht des FDP-Kandidaten Tim Hundertmark gibt es im Wahlkreis Biberach keinen Plakat-Vandalismus, der seine Partei zu besonderen Schritten nötigt. In Schweinhausen sei ein großformatiges Plakat der Liberalen schon zum zweiten Mal zerstört worden. „Jetzt wird dort ein drittes Mal plakatiert“, sagt Hundertmark. „Da lassen wir uns nicht kleinkriegen.“
Es gehöre zum Erfahrungsschatz der Linken, dass in eher ländlichen Regionen viele ihrer Wahlkampfplakate abhanden kommen, berichtet der Bundestagskandidat Ralph Heidenreich – „von 100 Stück, die wir aufhängen, müssen wir nach der Wahl nur noch die Hälfte einsammeln“. Manche Bürger regten sich halt auch über den Plakatwald auf, „dafür habe ich schon Verständnis“. Er persönlich hänge das nicht so hoch, und „man kann ja nicht neben jedes Plakat einen Polizisten stellen“. Die AfD im Wahlkreis Biberach hat nach den Worten ihres Bewerbers Matthias Stiel bisher nur sporadisch plakatiert. In diese Art der Werbung wolle man nicht zu früh einsteigen, auch weil damit gerechnet werden müsse, dass AfDPlakate ein bevorzugtes Ziel für zerstörerische Akte seien.
Die Polizei hat auf SZ-Anfrage eine Anzeige wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung in Riedlingen bestätigt. Am vergangenen Samstag habe eine vier- bis sechsköpfige Personengruppe Blumen ausgerissen, Pflanzkübel beschädigt, Schachtdeckel gehoben und auch etwa zehn Wahlkampfplakate beschädigt. Die Ermittlungen dauern an.