Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ein Buch, das Mut machen möchte
Autorin Waltraud Schlittenhardt schreibt über das Leben mit ihrem dementen Vater
UNTERREUTE - Als der Vater von Waltraud Schlittenhardt dement wurde, musste sie lernen, auf Vieles zu verzichten. Mit der Demenz ihres Vaters hat ein langer Prozess begonnen, der ihr gezeigt hat, was für eine Leistung es ist, Angehörige zu pflegen. Um das Erlebte zu verarbeiten und weiterzugeben, hat die Unterreuterin das Buch „Mitten im Leben“verfasst. Darin erzählt sie von den Anfängen der Demenz bis hin zu der Entscheidung über die Pflege ihres Vaters.
Eines der wichtigsten Dinge, die sie durch die Pflege ihres dementen Vaters gelernt habe, sei Akzeptanz, sagt Waltraud Schlittenhardt aus Unterreute. Diese sei die Voraussetzung für die Stärke gewesen, die sie in der täglichen Herausforderung bewiesen hat. „Ich musste einfach akzeptieren, dass er nicht in meine Welt konnte und ich deshalb in seine Welt kommen und sie anerkennen musste“, erzählt die 58-Jährige. Neun Jahre hat sie ihren Vater gepflegt. Als sie allmählich an ihre seelischen und körperlichen Grenzen gestoßen ist, hat sie 2008 mit dem Schreiben begonnen. Im Frühjahr 2017 wurde ihr Buch „Mitten im Leben“veröffentlicht.
Auseinandersetzung mit Kindheit
Neben der Geschichte über die Anfänge der Demenz und deren Ausprägungen bei ihrem Vater, verarbeitet Schlittenhardt in ihrem Buch auch ihre Kindheit. „Mein Vater war sehr fürsorglich, aber auch streng“, sagt die Waltraud Schlittenhardt hat ein Buch über das Leben mit ihrem dementen Vater geschrieben.
gelernte Fachkauffrau für Bürokommunikation. „Dadurch, dass ich auf Vieles verzichten und mein Leben umplanen musste, um ihn zu pflegen, habe ich auch eine gewisse Verbitterung gespürt.“Die Veränderung in ihrem Leben und die Erwartungen von Freunden und Verwandten hätten sie unter Druck gesetzt. „Letztendlich kann ich sagen, dass ich mit der Pflege meines Vaters viel reifer geworden
bin.“Sie habe auch gespürt, wie wichtig es sei, unverarbeitete Erinnerungen nicht zu verdrängen, sondern sich damit auseinanderzusetzen.
Waltraud Schlittenhardt hat im Jahr 2000 begonnen, ihren Vater zu pflegen. 2010 entschied sie sich dazu, ihm einen Platz in einem Pflegeheim zu suchen. Die Auswirkungen von Stress und Überlastung auf ihren Körper seien zu groß gewesen, berichtet sie. Kurz vor seinem 84. Lebensjahr ist ihr Vater im Pflegeheim gestorben. Trotz der Herausforderung der Pflege habe es auch tröstende Momente gegeben, erzählt die Unterreuterin. „Als ich ihn einmal zu Bett gebracht habe, hat er sich für meine Hilfe bedankt“erinnert sie sich. „Er hat die Worte anders als sonst klar und deutlich ausgesprochen.“
Ihr habe es sehr geholfen, sich mit betroffenen Pflegenden auszutauschen, sagt Waltraud Schlittenhardt. „Man erfährt so von anderen Menschen, wie sie mit ihrer Situation umgehen“, erzählt sie. „Ich habe mich dadurch nicht mehr so alleine gefühlt.“Genau das sei eines der Ziele ihres Buchs: Angehörigen Mut zu machen.
Ihr Buch stellt sie am Mittwoch, 20. September, um 14 Uhr im Rathaus in Schemmerhofen anlässlich der Woche der Demenz vor und tauscht sich im Gesprächskreis für pflegende Angehörige mit Besuchern aus. Die Teilnahme ist kostenlos. Wer sich noch genauer über Demenz informieren möchte, kann am Fachtag der Demenz, 29. September, von 13.10 bis 17 Uhr Workshops, Infostände und Vorträge im Landratsamt Biberach in der Rollinstraße 9 besuchen.
Waltraud Schlittenhardt, Mitten im Leben. Die ungeplante Reise mit meinem demenzkranken Vater, ist bei Books on Demand erschienen. Gebunden kostet es 14,99 (Taschenbuch 7,99 Euro), als E-Book 4,99 Euro.