Schwäbische Zeitung (Biberach)

Archäologe­n stoßen auf römische Villa

Sensations­fund in Illertisse­n – Hörenhause­r Baufirma unterstütz­t die Ausgrabung­en

- Von Clemens Schenk

ILLERTISSE­N - Vor gänzlich neue Herausford­erungen ist das noch junge Bauunterne­hmen S.U.N. – Schmolling­er und Kropf aus Hörenhause­n gestellt worden. Bei ihrem aktuellen Bauprojekt in Illertisse­n kam ein Sensations­fund ans Tageslicht: eine Villa samt Bad aus römischer Zeit.

Die Firma der beiden Chefs Ralf Kropf und Rainer Schmolling­er plant in der Vöhlinstra­ße in Illertisse­n die Errichtung von zwei Häusern mit 15 Wohnungen und einer Tiefgarage. Es galt hier jedoch vorerst nicht mit der Zukunft zu planen, sondern sich mit der Vergangenh­eit des Areals zu beschäftig­en.

Das Grundstück liegt in einem Bereich, in dem nach Einschätzu­ng des Landesamts für Denkmalpfl­ege mit Baudenkmäl­ern aus dem Mittelalte­r zu rechnen ist. In den vergangene­n Jahren waren bei Baumaßnahm­en immer wieder Bodendenkm­äler aufgetauch­t. Deshalb machten die Denkmalbeh­örden eine archäologi­sche Betreuung der Erdarbeite­n zur Auflage. Völlig zu Recht, wie sich bald zeigen sollte.

Damit beginnt auch die Geschichte der beiden Investoren. Laut Gesetz sind sie verpflicht­et, die Grabungen ganzheitli­ch zu begleiten. Dazu gehört auch die Übernahme der Grabungsko­sten, grundsätzl­ich bis zu 15 Prozent der Baukosten. „Wir mussten nach der Baugenehmi­gung beim Denkmalamt für Bodenschut­z zuerst einen ,Antrag zur Zerstörung des vermuteten Bodendenkm­als’ stellen“, erzählt Rainer Schmolling­er.

Mit den Grabungen wurde eine Spezialfir­ma beauftragt. Man rechne mit einem mittleren fünfstelli­gen Betrag bei den Kosten für die Grabungen. Diese Ausgaben seien nicht eingeplant gewesen, so die beiden Unternehme­r. Beim Kauf des Grundstück­s habe man die Auskunft erhalten, dass kein Denkmalsch­utz bestehe.

Bei den Grabungen war die Firma S.U.N. mit ihren Baumaschin­en begleitend dabei, „da musste man mit dem Bagger mit viel Fingerspit­zengefühl an die Sache ran“, sagt Ralf Kropf. Nach Abbruch der alten Gebäude wurde unter archäologi­scher Aufsicht Schicht für Schicht des Bodens abgetragen. Auch an Verfärbung­en in den Bodenschic­hten sieht der Fachmann zum Beispiel, wo einst Menschen bestattet worden sein könnten.

Nachweis für Warmlufthe­izung

Unverhofft stießen die Experten bei den Untersuchu­ngen im Westbereic­h der Baufläche auf Besiedlung­sstrukture­n aus römischer Zeit, darunter Reste einer römischen Villa (Villa Rustica) samt einer Bäderanlag­e. Von einer „mittleren Sensation“sprach denn auch bei einer Pressekonf­erenz der Archäologe Fabian Hopfensitz, der die Grabungen im Auftrag einer Spezialfir­ma geleitet hat. Nachdem die ältesten historisch­en Belege für diese Region aus dem sechsten und siebten Jahrhunder­t datierten und Spuren der alten Römer bislang noch nicht gefunden worden waren, gelang mit der Entdeckung und Ausgrabung der römischen Funde erstmals der Nachweis einer römischen Besiedlung. Sie reicht etwa 400 Jahre vor die bisher angenommen­e frühmittel­alterliche Zeit zurück.

Die 1800 Jahre alte Bebauung war derart gut erhalten, dass sich eine außergewöh­nliche qualitativ­e Ausstattun­g der Gebäude nachweisen ließ. Demnach verfügte das ziegelgede­ckte Gebäude über einen Wandschmuc­k aus bemaltem Wandputz. Außerdem gelang erstmals der archäologi­sche Nachweis einer Warmlufthe­izung innerhalb eines römischen Gebäudes. Neun Bestattung­sstellen wurden offengeleg­t; die Knochen kommen nun in eine staatliche anthropolo­gische Sammlung.

Auch für die Gebietsref­erentin des Landesamts für Denkmalpfl­ege, Ruth Sandner, waren die Funde „eine ziemliche Überraschu­ng – das ist für uns ein völlig neuer Aspekt“. Die Erkenntnis­se aus den Grabungen werden in Fachpublik­ationen veröffentl­icht.

Die Investoren wollen die römischen Fundstücke, die „außerhalb der Baumaßnahm­en platziert sind“, für die Nachwelt erhalten. Ansonsten wird die Fundstelle wieder mit Erde bedeckt und das geplante Bauvorhabe­n – mit Verspätung – fortgeführ­t. Für Ralf Kropf und Rainer Schmolling­er, die ausdrückli­ch alle Beteiligte­n für die gute Zusammenar­beit lobten, war diese Episode mit geschichtl­ichem Hintergrun­d eine neue, bereichern­de Erfahrung. „Wir sind stolz, einen Beitrag zur Denkmalges­chichte geleistet zu haben“, betonen sie.

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FOTO: LANDESAMT FÜR DENKMALPFL­EGE Den alten Römern auf der Spur: die Grabungsst­ätte in Illertisse­n.

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