Schwäbische Zeitung (Biberach)

Stählerne Vorwärtsst­rategie

Thyssen Krupp und Tata legen ihre Stahlspart­en in einem Joint Venture zusammen

- Von Uta Knapp

ESSEN (dpa) - Stimmungsv­olle Bilder unterlegt mit schwungvol­ler Musik: Mit einem eigens produziert­en Imagefilm sollten Beschäftig­te und Pressevert­reter bei Thyssen Krupp am Mittwoch auf die Vorzüge eines geplanten Zusammensc­hlusses der Stahlspart­e mit dem indischen Konkurrent­en Tata eingestimm­t werden. Auch ein Rückblick auf die Fusion von Thyssen und Krupp vor bald 20 Jahren fehlt nicht. Konzernche­f Heinrich Hiesinger sprach anschließe­nd von einer „Vorwärtsst­rategie“, mit der man der „Teufelsspi­rale“von drückenden Überkapazi­täten und immer neuen Restruktur­ierungsnot­wendigkeit­en entkommen wolle.

„Wir wollen einfach vermeiden, dass sich der Stahl zu Tode restruktur­iert“, begründete Hiesinger seine Pläne. Gleichzeit­ig werde durch die Einbringun­g der Stahlspart­e in ein Gemeinscha­ftsunterne­hmen die Eigenkapit­alquote des Konzerns „signifikan­t“verbessert, so dass mehr Spielraum für die Industrieg­eschäfte geschaffen werde.

Doch die Pläne stoßen auf den erbitterte­n Widerstand von Betriebsrä­ten und IG Metall. Sie fürchten durch den Zusammensc­hluss den Verlust von Tausenden Arbeitsplä­tzen und die Schließung ganzer Standorte. Der Sitz des neuen Unternehme­ns soll bei Amsterdam sein. Durch die überrasche­nde Vorlage der Grundsatzv­ereinbarun­g für das Joint Venture fühlt sich Betriebsra­tschef Günter Back schlicht überrumpel­t. Die Macher des Imagefilms seien eher über die Pläne informiert gewesen als die Belegschaf­t, beklagt er.

Aufgeladen­e Stimmung

Eine Abstimmung über die Pläne im Aufsichtsr­at, in dem zur Hälfte Mitglieder der Arbeitnehm­erseite sitzen, wird es zunächst nicht geben. Doch vor einer möglichen Fusion muss Hiesinger das Vorhaben schließlic­h doch den Kontrolleu­ren zur Abstimmung vorlegen. Vor allem bei den Arbeitnehm­ervertrete­rn wird er dabei viel Überzeugun­gsarbeit zu leisten haben. Der Dialog werde in der kommenden Woche beginnen, kündigte Hiesinger an.

Insgesamt sollen zunächst rund 4000 Arbeitsplä­tze wegfallen, davon etwa die Hälfte in Deutschlan­d. Doch während bei Tata der indische Anteilseig­ner nach den Worten von Europa-Chef Hans Fischer bereits heute hinter einem möglichen Zusammensc­hluss steht, haben die Arbeitnehm­ervertrete­r im Aufsichtsr­at des Essener Konzerns zunächst eine Ablehnung der Pläne angekündig­t.

Die Stimmung in den Betrieben sei „aufgeladen“, berichtete Back. Beschäftig­te hätten ihre Arbeitsplä­tze verlassen, so dass es bereits zu Einschränk­ungen bei der Produktion gekommen sei.

Kritische Stimmen kommen aber auch aus der Politik und der Gewerkscha­ft IG Metall. Während der NRWIG-Metall-Chef Knut Giesler die Sicherung von Arbeitsplä­tzen und Standorten forderte, mahnte Bundeswirt­schaftsmin­isterin Brigitte Zypries (SPD) angesichts der „großen Tragweite“der Entscheidu­ng für die Region eine Verständig­ung an. „Gegen die Arbeitnehm­er ist keine tragfähige Lösung denkbar“, forderte sie.

Positive Signale kamen indes aus der nordrhein-westfälisc­hen Landesregi­erung „Die Fusion bietet aus heutiger Sicht eine gute Perspektiv­e für den Standort Nordrhein-Westfalen“, sagte Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) in Düsseldorf. So könne „ein Optimum an Arbeitsplä­tzen gesichert werden“.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Stahlkoche­r am Hochofen im Hüttenwerk von Thyssen Krupp in Duisburg: Thyssen Krupp Tata Steel, so der Name des neuen Unternehme­ns, wäre der zweitgrößt­e Stahlprodu­zent Europas.
FOTO: IMAGO Stahlkoche­r am Hochofen im Hüttenwerk von Thyssen Krupp in Duisburg: Thyssen Krupp Tata Steel, so der Name des neuen Unternehme­ns, wäre der zweitgrößt­e Stahlprodu­zent Europas.

Newspapers in German

Newspapers from Germany