Schwäbische Zeitung (Biberach)
Routiniertes aus der französischen Komödienschmiede
„Hereinspaziert!“: Culture-Clash-Komödie mit wenig Witz und Charme
Seit einigen Jahren ist die Komödie im krisengeschüttelten Frankreich das mit Abstand beliebteste Genre. Dabei beziehen viele Erfolgsfilme, allen voran der Megahit „Ziemlich beste Freunde“(2011), ihre Komik aus dem Culture Clash: Menschen verschiedener Herkunft, Religion und Hautfarbe treffen aufeinander, aber nicht die Konflikte, sondern die Gemeinsamkeiten behalten die Oberhand. Wir sind doch alle Menschen, so lautet die versöhnliche Botschaft – auch in „Hereinspaziert!“
Dieses optimistische Motto galt auch für den Blockbuster „Monsieur Claude und seine Töchter“(2014), mit dem Regisseur Philippe de Chauveron und sein Hauptdarsteller Christian Clavier mehr als elf Millionen Zuschauer in die Kinos locken konnten. Das gleiche Gespann legt jetzt mit „Hereinspaziert!“erneut eine Komödie vor. Den Megaerfolg des Vorgängers wird diese lauwarme, vorhersehbare Klamotte voraussichtlich nicht toppen, denn im Vergleich mit dem charmanten Hochzeitsfilm vermisst man als Zuschauer diesmal Esprit und Witz.
Ein wenig zu selbstgefällig spielt der französische Publikumsliebling Christian Clavier (65) den Bestsellerautor Jean-Etienne Fougerole, der sich bei einem TV-Streitgespräch mit einem Populisten zu der Aussage hinreißen lässt, wenn eine hilfsbedürftige Roma-Familie am Tor seiner Luxusvilla stehen würde, wären die Menschen jederzeit bei ihm willkommen.
Zum Entsetzen vor allem von Jean-Etiennes steinreicher Ehefrau Daphné (Elsa Zylberstein) stehen am Abend tatsächlich Familienoberhaupt Babik (Ary Abittan) und seine neunköpfige Sippe vor der Tür des wohlhabenden Linken. Zähneknirschend bietet Jean-Etienne seinen gepflegten englischen Rasen als Stellplatz für den kaputten Wohnwagen der Roma-Sippe an. Und sein pubertierender Sohn Lionel (Oscar Berthe) knüpft derweil schon einmal zarte Bande zur bildhübschen Tochter des autoritären Patriarchen Babik.
Natürlich sind die Charaktere politisch weitgehend korrekt gezeichnet. Roma-Chef Babik ist ein herzensguter Mensch. Geklaut wird nur, wenn es der Familie zum Überleben hilft. Als dieser Babik auf Betreiben von Jean-Etienne einen Job als Museumswächter erhält, erweist sich der struppige Typ in Uniform als knallharter Mann des Getzes. Dagegen bemühen sich die Drehbuchautoren nach Kräften, den eitlen Salonlinken Jean-Etienne zu entlarven.
Aber auch diese allseitige Harmonie konnte nicht verhindern, dass dem Film beim Kinostart in Frankreich Rassismus vorgeworfen wurde. In der Tat sind es die altbekannten Stereotype, mit denen die Roma-Sippe charakterisiert wird. Aber schlimmer noch als dieser Vorwurf wiegt für die Zuschauer die Tatsache, dass „Hereinspaziert!“über weite Strecken einfach nicht witzig ist. Ein Film vom Reißbrett, routiniert, aber uninspiriert herabgespult. (dpa)
Hereinspaziert! Regie: Philippe de Chauveron. Mit Christian Clavier, Ary Abittan, Elsa Zylberstein. Frankreich 2017. 93 Minuten. FSK ab 6.