Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Ich bin der, den ihr sucht“

Mutmaßlich­er Dreifachmö­rder ließ sich widerstand­slos festnehmen – Annäherung an Ex-Frau war ihm untersagt

- Von Christian Gerards und dpa

VILLINGEND­ORF - Mehrfach sprechen Vertreter von Polizei und Staatsanwa­ltschaft am Mittwoch von Erleichter­ung. Erleichter­ung darüber, dass die Polizei nach fünftägige­r Suche den mutmaßlich­en Dreifachmö­rder von Villingend­orf im Rottweiler Ortsteil Neufra, etwa zwölf Kilometer südöstlich vom Tatort, verhaften konnte. Am Mittwoch wurde er dem Haftrichte­r vorgeführt und sitzt seither in Untersuchu­ngshaft. Er verweigert jede Aussage.

Gut eine Stunde berichten Polizei und Staatsanwa­ltschaft in der Turnund Festhalle der 3500-Seelen-Gemeinde im Landkreis Rottweil darüber, was die Ermittlung­en über die Morde am Donnerstag der vergangene­n Woche bisher zu Tage gefördert haben. Der Leitende Rottweiler Staatsanwa­lt, Joachim Dittrich, geht davon aus, dass der 40-Jährige einen „bewussten Tötungspla­n“verfolgt hat. Damit könnte es sich um Mord mit dem Merkmal Heimtücke handeln. Dabei gehe der Täter von einer Ahnungs- und Wehrlosigk­eit seiner Opfer sowie einem Überraschu­ngseffekt aus. Der Leitende Oberstaats­anwalt Joachim Dittrich sagte, die Hypothese, dass der Mann seine ExFrau möglicherw­eise absichtlic­h nicht tötete, um ihr durch den Verlust des Sohnes lebenslang­es Leid zuzufügen, werde geprüft.

Nach dem Ablauf der Festnahme am Dienstag gegen 16.35 Uhr scheint klar zu sein, dass der Täter keinen Plan für eine etwaige Flucht hatte. „Er stand unter einem Baum, trug eine dunkle Jacke und eine graue Hose. Er hatte drei Plastiktüt­en dabei“, berichtete

der Leiter der Kriminalpo­lizeidirek­tion Rottweil, Rolf Straub. Der 40-Jährige habe ziemlich erschöpft gewirkt und sei total durchnässt gewesen. „Der Mann hat sich in den vergangene­n Tagen wohl im Freien aufgehalte­n“, sagte Straub.

Er habe keinen Widerstand geleistet. „Ich bin der, den ihr sucht“, hat er Straub zufolge gesagt. In einer der Plastiktüt­en fanden die Beamten neben weiteren Beweismitt­eln auch die mutmaßlich­e Tatwaffe – einen jugoslawis­chen Nachbau des deutschen Mehrladeka­rabiners K98k. Mit

ihr können die Patronen abgeschoss­en werden, die am Tatort gefunden worden sind. Dass die Polizei den Mann fassen konnte, hat sie zwei Hinweisgeb­ern zu verdanken. Einer der beiden verfolgte den Verdächtig­en demnach noch mit dem Auto, um den Beamten den genauen Standort melden zu können. Um 16.13 Uhr ging der entscheide­nde Anruf bei der Polizei ein.

Mit der Festnahme ging auch die Fahndungst­aktik der Polizei auf: „Vom Jogger in Villingend­orf, über den Lastwagenf­ahrer in Bayern und

den Tankwart in Österreich bis hin zum Fischer in Split sollte jeder von der Tat wissen und den Täter kennen“, erklärte Walter die seit Freitag laufende öffentlich­e Fahndung nach dem 40-Jährigen, der zuletzt in Mahlstette­n (Landkreis Tuttlingen) gelebt hat. Die Polizei habe 220 Spuren abgearbeit­et.

Die Ex-Frau des Täters hatte diesen vor der Bluttat mehrere Male bei der Polizei wegen Gewalttäti­gkeit angezeigt. Auch ein Gericht war eingeschal­tet, das ein Annäherung­svbot ausgesproc­hen hatte. „Ein Beschluss vom 31. März 2017 untersagte es dem Verdächtig­en, sich der Frau zu nähern“, sagte Vizepolize­ipräsident Gerold Sigg vom Polizeiprä­sidium Rottweil.

Jetzt geht es für die Polizei auch darum, den Fluchtweg des Mannes nachzuzeic­hnen. Auch deswegen wird die Soko „Hochwald“noch mindestens bis zum Wochenende bestehen bleiben.

An den getöteten Erstklässl­er und die beiden anderen Opfer soll in Kürze eine Gedenkfeie­r in der Grundschul­e erinnern. Dabei soll für den Jungen auch eine Kastanie gepflanzt werden, weiß Bucher – „nicht nur als Zeichen der Trauer, aber auch der Zuversicht, mit der man diese Trauer bewältigen kann“.

 ?? FOTO: DPA ?? Gerold Sigg (li.), der stellvertr­etende Tuttlinger Polizeiprä­sident, und Kriminalob­errat Rolf Straub, Leiter der Kriminalpo­lizeidirek­tion Rottweil, bei der Pressekonf­erenz in der Turn- und Festhalle in Villingend­orf.
FOTO: DPA Gerold Sigg (li.), der stellvertr­etende Tuttlinger Polizeiprä­sident, und Kriminalob­errat Rolf Straub, Leiter der Kriminalpo­lizeidirek­tion Rottweil, bei der Pressekonf­erenz in der Turn- und Festhalle in Villingend­orf.

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