Schwäbische Zeitung (Biberach)
Nahwärmenetz soll zukünftig schwarze Zahlen schreiben
Rot erhöht die Preise für Wärme um rund fünf Prozent – Energieagentur analysiert mögliche Ursachen für Verluste
ROT AN DER ROT - Strategische Fehler in der Planung haben dazu geführt, dass das Nahwärmenetz in Rot an der Rot sich finanziell nicht selber trägt. Zu diesem Ergebnis ist die Energieagentur Ravensburg/Biberach gekommen, die das Netz im Auftrag der Roter Verwaltung untersucht hat. Der Gemeinderat hat diese Woche über eine neue Fassung des Wärmelieferungsvertrags beraten und diesen beschlossen. Die Änderungen gelten für alle Verträge, die ab dem 19. September abgeschlossen werden. Für Endkunden im Gimpelweg wird auf die neu aufgenommene Anschlussgebühr verzichtet.
Keine Fördermittel beantragt?
„Zum einen wurden damals keine Fördermittel beantragt, andererseits sind die verlegten Leitungen zum Teil zu groß dimensioniert“, erklärte Michael Maucher von der Energieagentur. Das habe zur Folge, dass die Gemeinde jetzt mit hohen Abschreibungskosten konfrontiert sei, die jährlich den Haushalt belasten würden. Man könne sich das Roter Nahwärmenetz wie eine vierspurige Autobahn vorstellen – auf der jedoch zu wenige Autos fahren würden. Die Kosten für den Aufbau der Infrastruktur stünden in keinem Verhältnis zu den Einnahmen. Eine Stilllegung des Systems sei dennoch keine Option, denn die Kosten für den Aufbau der Infrastruktur seien ja bereits getätigt. Stattdessen gelte es, mehr Kunden an das bestehende Netz anzuschließen. Diese Erkenntnis und dieser Wunsch sind nicht neu. 2015 hatte der Student Philipp Winter, der damals an der Hochschule Biberach Gebäudeklimatik studierte, seine Abschlussarbeit über das Roter Nahwärmenetz geschrieben (SZ berichtete).
Das Fazit der Bachelorarbeit: Ein wirtschaftlicher Betrieb sei in Rot nur schwer zu erreichen. Die bisher getätigten Investitionen rechneten sich nicht, da zu wenige Verbraucher das Nahwärmenetz nutzen würden. 61 Abnehmer waren es 2015. Inzwischen, zwei Jahre später, sind es 65. Das Ziel, deutlich mehr Bürger und vor allem auch Betriebe davon zu überzeugen, auf Nahwärme umzustellen, wurde also nicht erreicht. „Unsere Aufgabe war es, den Status Quo zu ermitteln und aufzuzeigen, wo es Potenzial gibt, um künftig schwarze Zahlen zu schreiben“, so Maucher. Zum einen habe die Energieagentur daher untersucht, wie die Kosten für die Wärme sich zusammensetzen.
Wärmeverlust reduzieren
Gleichzeitig sei es wichtig, die Ursache für die Wärmeverluste im Netz zu finden und diese zu reduzieren. Der Wärmeverlust beläuft sich laut Bürgermeisterin Irene Brauchle derzeit auf rund 30 Prozent. Zudem sei es Ziel, den Wärmepreis weiterhin fair gegenüber dem Kunden zu gestalten. „Nahwärme ist in der Regel günstiger als der allgemeine Energiepreis“, sagte der Energieexperte. Es gelte daher, mehr Bürger von den Vorteilen dieser Energiequelle zu überzeugen. Die neue Fassung des Wärmelieferungsvertrags beinhaltet unter anderem, dass bei Neukunden die Leistung für eine Vertragslaufzeit von zehn Jahren fixiert ist. So soll eine stabile Wärmeabnahme im Netz sichergestellt werden. Neu ist auch, dass ein Baukostenzuschuss erhoben wird – die entstandenen individuellen Infrastrukturkosten werden also „verurachergerecht“an den Endkunden weitergegeben, so Brauchle. „Wenn ich mir als Privatmann eine neue Heizung kaufen muss, zahle ich diese ja auch selber“, begründete sie diesen Passus.
Was sich ändert
Geändert hat sich zudem, dass die Wärmeübergabestation mit Anlieferung in den Besitz des Kunden übergeht. Die Kosten sind im Baukostenzuschuss bereits enthalten. Bisher blieb die Übergabestation im Eigentum des Betreibers und wurde auch von ihm unterhalten. Die Preise für die Wärme wurden um rund fünf Prozent angehoben. „Wir haben auch die Formel geändert, wie der Preis berechnet wird“, erklärte Brauchle. Die neuen Berechnungen würden sich stärker an den tatsächlichen Kosten orientieren. So entstehe auch eine stärkere Kostentransparenz. Bisher habe sich der Wärmepreis auch stark am Ölpreis orientiert, der bei den tatsächlichen Kosten jedoch nur eine untergeordnetere Rolle spielt, da die Wärme aus Holz gewonnen wird.