Schwäbische Zeitung (Biberach)

Nahwärmene­tz soll zukünftig schwarze Zahlen schreiben

Rot erhöht die Preise für Wärme um rund fünf Prozent – Energieage­ntur analysiert mögliche Ursachen für Verluste

- Von Katrin Bölstler

ROT AN DER ROT - Strategisc­he Fehler in der Planung haben dazu geführt, dass das Nahwärmene­tz in Rot an der Rot sich finanziell nicht selber trägt. Zu diesem Ergebnis ist die Energieage­ntur Ravensburg/Biberach gekommen, die das Netz im Auftrag der Roter Verwaltung untersucht hat. Der Gemeindera­t hat diese Woche über eine neue Fassung des Wärmeliefe­rungsvertr­ags beraten und diesen beschlosse­n. Die Änderungen gelten für alle Verträge, die ab dem 19. September abgeschlos­sen werden. Für Endkunden im Gimpelweg wird auf die neu aufgenomme­ne Anschlussg­ebühr verzichtet.

Keine Fördermitt­el beantragt?

„Zum einen wurden damals keine Fördermitt­el beantragt, anderersei­ts sind die verlegten Leitungen zum Teil zu groß dimensioni­ert“, erklärte Michael Maucher von der Energieage­ntur. Das habe zur Folge, dass die Gemeinde jetzt mit hohen Abschreibu­ngskosten konfrontie­rt sei, die jährlich den Haushalt belasten würden. Man könne sich das Roter Nahwärmene­tz wie eine vierspurig­e Autobahn vorstellen – auf der jedoch zu wenige Autos fahren würden. Die Kosten für den Aufbau der Infrastruk­tur stünden in keinem Verhältnis zu den Einnahmen. Eine Stilllegun­g des Systems sei dennoch keine Option, denn die Kosten für den Aufbau der Infrastruk­tur seien ja bereits getätigt. Stattdesse­n gelte es, mehr Kunden an das bestehende Netz anzuschlie­ßen. Diese Erkenntnis und dieser Wunsch sind nicht neu. 2015 hatte der Student Philipp Winter, der damals an der Hochschule Biberach Gebäudekli­matik studierte, seine Abschlussa­rbeit über das Roter Nahwärmene­tz geschriebe­n (SZ berichtete).

Das Fazit der Bachelorar­beit: Ein wirtschaft­licher Betrieb sei in Rot nur schwer zu erreichen. Die bisher getätigten Investitio­nen rechneten sich nicht, da zu wenige Verbrauche­r das Nahwärmene­tz nutzen würden. 61 Abnehmer waren es 2015. Inzwischen, zwei Jahre später, sind es 65. Das Ziel, deutlich mehr Bürger und vor allem auch Betriebe davon zu überzeugen, auf Nahwärme umzustelle­n, wurde also nicht erreicht. „Unsere Aufgabe war es, den Status Quo zu ermitteln und aufzuzeige­n, wo es Potenzial gibt, um künftig schwarze Zahlen zu schreiben“, so Maucher. Zum einen habe die Energieage­ntur daher untersucht, wie die Kosten für die Wärme sich zusammense­tzen.

Wärmeverlu­st reduzieren

Gleichzeit­ig sei es wichtig, die Ursache für die Wärmeverlu­ste im Netz zu finden und diese zu reduzieren. Der Wärmeverlu­st beläuft sich laut Bürgermeis­terin Irene Brauchle derzeit auf rund 30 Prozent. Zudem sei es Ziel, den Wärmepreis weiterhin fair gegenüber dem Kunden zu gestalten. „Nahwärme ist in der Regel günstiger als der allgemeine Energiepre­is“, sagte der Energieexp­erte. Es gelte daher, mehr Bürger von den Vorteilen dieser Energieque­lle zu überzeugen. Die neue Fassung des Wärmeliefe­rungsvertr­ags beinhaltet unter anderem, dass bei Neukunden die Leistung für eine Vertragsla­ufzeit von zehn Jahren fixiert ist. So soll eine stabile Wärmeabnah­me im Netz sichergest­ellt werden. Neu ist auch, dass ein Baukostenz­uschuss erhoben wird – die entstanden­en individuel­len Infrastruk­turkosten werden also „veruracher­gerecht“an den Endkunden weitergege­ben, so Brauchle. „Wenn ich mir als Privatmann eine neue Heizung kaufen muss, zahle ich diese ja auch selber“, begründete sie diesen Passus.

Was sich ändert

Geändert hat sich zudem, dass die Wärmeüberg­abestation mit Anlieferun­g in den Besitz des Kunden übergeht. Die Kosten sind im Baukostenz­uschuss bereits enthalten. Bisher blieb die Übergabest­ation im Eigentum des Betreibers und wurde auch von ihm unterhalte­n. Die Preise für die Wärme wurden um rund fünf Prozent angehoben. „Wir haben auch die Formel geändert, wie der Preis berechnet wird“, erklärte Brauchle. Die neuen Berechnung­en würden sich stärker an den tatsächlic­hen Kosten orientiere­n. So entstehe auch eine stärkere Kostentran­sparenz. Bisher habe sich der Wärmepreis auch stark am Ölpreis orientiert, der bei den tatsächlic­hen Kosten jedoch nur eine untergeord­netere Rolle spielt, da die Wärme aus Holz gewonnen wird.

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FOTO: JENS WOLF/DPA Der Holzpreis wird sich nach dem neuen Berechnung­smodell künftig stärker auf den Nahwärmepr­eis auswirken.

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