Schwäbische Zeitung (Biberach)

Mann klagt gegen Ehinger Krankenhau­s

Verhandlun­g am Ulmer Landgerich­t wegen Krankenhau­skeim endet mit Vergleich

- Von Dominik Prandl

ULM/EHINGEN - Am Ulmer Landgerich­t hat am Mittwoch ein Mann aus dem Raum Munderking­en gegen das Ehinger Krankenhau­s geklagt. Seine Frau ist in der Klinik im März 2016 gestorben. Der Kläger geht davon aus, dass eine Infektion mit dem sogenannte­n Krankenhau­skeim die Ursache war. Am Ende wurde die Ursache nicht genau geklärt. Die Kammer schlug einen Vergleich zwischen 500 und 1000 Euro vor.

Ruhig und ausführlic­h beschrieb der Kläger aus dem Raum Munderking­en zu Beginn der Verhandlun­g, was sich im März 2016 zutrug: Alles habe damit begonnen, dass seine Frau Schmerzen im Oberarm bekam. Zehn Tage, nachdem sie im Krankenhau­s aufgenomme­n worden war, verstarb sie.

Ein Bruch des Knochens sei festgestel­lt worden, berichtete der Kläger. Doch seine Frau sei auf die Station Innere Medizin verlegt worden und dann in die chirurgisc­he Abteilung. Sie sollte an ihrer Eisenplatt­e am Wirbelsäul­enkörper operiert werden. Während des Krankenhau­saufenthal­ts sei seine Frau wenig behandelt worden, schließlic­h habe sie einen Blasenkath­eder bekommen. „Es ist nichts erklärt worden“, sagt der Kläger immer wieder. Wegen einer Lungenentz­ündung sei seine Frau letztendli­ch auf die Intensivst­ation verlegt worden. „Von da an ging es immer weiter bergab.“Erst sei seine Frau schläfrig geworden, dann habe sie nur noch geschlafen, dann sei sie gestorben. „So eine Verschlech­terung innerhalb von zehn Tagen ist mir unverständ­lich“, sagte der Kläger. Seine Frau sei vorher doch noch agil gewesen.

Der Kläger hat in der Folge die Unterlagen vom Krankenhau­s angeforder­t. Bis heute fehlten allerdings Dokumente für vier Tage. „Da werde ich schon stutzig,“sagt der Kläger. Für ihn stehe fest: „Sie hat sich im Krankenhau­s mit dem Krankenhau­skeim angesteckt.“Das gehe aus den Unterlagen hervor. Bei einem Test zu Beginn des Krankenhau­saufenthal­ts sei sie hingegen nachweisli­ch ohne Keime gewesen. Plakate hätten im Krankenhau­s auf die Infektions­gefahr hingewiese­n. Doch die Zimmer seien nur einmal täglich gewischt worden. Eine Heftklamme­r am Boden habe dort drei Tage lang gelegen. Es gehe darum, die Entwicklun­gen nachzuvoll­ziehen, sagte der Anwalt des Klägers. Man müsse die Hygienemaß­nahmen darlegen.

„Mir ist nicht klar, welche Infektion, welcher Fehler vorgeworfe­n wird“, sagte hingegen der für das Krankenhau­s anwesende Chefarzt. MRSA, also der Krankenhau­skeim, sei nicht nachgewies­en worden. Stattdesse­n führte der Arzt, genauso wie der Vorsitzend­e Richter, dem Kläger immer wieder vor Augen, dass dessen Frau schon vor dem Krankenhau­saufenthal­t in Ehingen sterbenskr­ank gewesen sei. Schon die zwei Jahre zuvor sei sie am Ulmer Universitä­tsklinikum wegen einer Tumorerkra­nkung behandelt worden, habe Chemo-und Strahlenth­erapien hinter sich gehabt. Die Computerto­mographie (CT) in Ehingen habe ergeben, dass sie Metastasen in Lunge, aber auch Leber und in den Muskeln gehabt habe. „Wir gingen von einer Lebenserwa­rtung von wenigen Tagen bis Wochen aus“, erklärte der Chefarzt. Doch habe er das Gefühl gehabt, dass sowohl die Frau, wie auch ihr Mann, die Tatsache verdrängt hätten.

Der Chefarzt beharrte zudem darauf, dass die Frau damals wegen der Wirbelsäul­enbeschwer­den ins Krankenhau­s eingewiese­n worden sei, ein Infekt an der Wirbelsäul­e habe schon seit mehr als zwei Jahren vorgelegen. Ziel des geplanten Eingriffs sei gewesen, den Wirbelsäul­enkörper zu stabilisie­ren. Dann sei die Lungenentz­ündung hinzugekom­men – eine Folge der Metastasen – und ein ESBL-Keim sei im Urin gefunden worden. Doch die verschiede­nen Infektione­n hätten nichts mit dem Krankenhau­s Ehingen zu tun. Trotz der Behandlung seien allerdings die Entzündung­swerte gestiegen.

Der Richter machte am Ende klar, dass es schwierig sei, die Infektions­kette und die Kausalität nachzuweis­en, das heißt aufzuzeige­n, wo der auslösende Faktor liege, was bei der Schmerzens­geldforder­ung aber wichtig sei. Die Frau des Angeklagte­n sei schon vor den letzten zehn Tagen ihres Lebens von ihrer Krankheit schwer gezeichnet gewesen. Aus Pietätsgrü­nden, so der Richter, hätte die Kammer gerne auf einen Vergleich verzichtet, denn der vorgeschla­gene Betrag, 500 bis 1000 Euro, sei lediglich symbolisch. Der Kläger strebt dennoch einen Vergleich von 1000 Euro an. Ihm sei es vor allem darum gegangen, Licht in die Sache zu bringen, sagte er hinterher.

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