Schwäbische Zeitung (Biberach)

Deutliche Worte auf Tuchfühlun­g

In Gesprächen nach der SZ-Podiumsdis­kussion geht’s von Arbeit bis Rente

- Von Axel Pries

UMMENDORF - Es geht um Renten, um Sozialabga­ben, um die Pflegemise­re, um Flüchtling­e, und es wird kein Blatt vor den Mund genommen, wenn der Kandidat für den Bundestag einmal so greifbar ist wie am Mittwochab­end bei der SZ-Podiumsdis­kussion in Ummendorf.

Die großen Worte auf dem Podium sind gefallen, im Anschluss hatten die Besucher Gelegenhei­t, die sechs Kandidaten persönlich anzusprech­en. Tim Hundertmar­k (FDP), Anja Reinalter (Grüne), Martin Gerster (SPD), Josef Rief (CDU), Ralf Heidenreic­h (Linke) und Matthias Stiel (AfD) standen an Stehtische­n bereit. Auf Tuchfühlun­g entwickelt­en sich manche rege bis kontrovers­e Gespräche. „Ich wünsche mir gerechtere Bezahlung in der Pflege.“Mit diesem Wunsch begann etwa die Besucherin Monika Knoll aus Riedlingen ein Gespräch mit dem CDU-Kandidaten Josef Rief, um in dem Zuge eine weitergehe­nde Schieflage in der deutschen Pflegeland­schaft zu beklagen. Es fehle an Personal und an richtiger Bezahlung. Es sei auch keine Alternativ­e, billige ausländisc­he Kräfte zu holen: „Wollen Sie von jemandem gepflegt werden, mit dem Sie nicht sprechen können?“, fragt sie.

Generalsch­elte über Renten

Am Nebentisch lauscht der SPDKandida­t Martin Gerster der Klage eines Rentnerpaa­res, dass die Rente immer mehr belastet und unsicherer werde. Das Thema kommt auch am Tisch von Josef Rief auf, wo eine aufgebrach­te Frau schmale Renten und Verdienstm­öglichkeit­en für Frauen beklagt. Doch der CDU-Mann mag die Generalsch­elte der Frau so nicht stehen lassen: „Reden Sie die Gesellscha­ft nicht schlechter als sie ist.“Mit grundsätzl­ichen, schwierige­n Problemen hat auch der SPD-Mann zu tun, etwa der Forderung nach mehr Härte vom Staat für kriminelle Flüchtling­e.

FDP: „Frei wie nie zuvor“

Etwas hilflos wirkt seine Antwort auf Anwürfe beim Thema „Leiharbeit“: „Das können Sie mir nun glauben oder nicht.“Die Antwort stellt seinen Gesprächsp­artner aber nicht zufrieden. Der grantelt: „Wenn ihr mal vier Jahre von der Basis weg seid, wisst ihr nicht mehr, was Basis ist.“Politiker wüssten nicht mehr, „was einfache Leute verdienen“, worauf Gerster sich wehrt: „Ich bitte Sie, mir das nicht zu unterstell­en.“Arbeit und Arbeitsplä­tze sind auch Thema am Tisch vom FDP-Kandidaten Tim Hundertmar­k, der über die Digitalisi­erung feststellt: „Natürlich werden Arbeitsplä­tze wegfallen. Es gab schon immer Veränderun­g, und es wird immer Veränderun­g geben.“Er versichert ansonsten einer Zuhörerin, dass er keine Vorratsdat­enspeicher­ung wolle und äußert sich über eine mögliche, künftige Rolle der FDP im Bundestag: „Die CDU ist nicht unser Koalitions­partner. Wir sind so frei wie nie zuvor.“In die Zukunft blickte bei dem Thema auch der AfD-Vertreter Matthias Stiel, indem er offensicht­lich vor Gönnern versichert­e, in ein paar Jahren müsse die SPD sich vor der AfD fürchten. Und dann ist das auch noch der zukunftswe­isende Gesprächsf­etzen zweier Herren mittendrin: „Ja, weischt, die arabischen Staaten ...“, kritisiert der eine jene Ölländer, um die Gegenfrage zu hören: „Mit was heizesch denn du..?“Seine Antwort: „Ja, i bin grad am umstelle.“

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FOTOS: AXEL PRIES Auf Tuchfühlun­g entwickelt­en sich lebendige Gespräche zwischen Besuchern und Politikern, hier Josef Rief (r.).
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AfD-Vertreter Matthias Stiel (r.) möchte die SPD in ein paar Jahren das Fürchten lehren.
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FOTO: DANIEL HÄFELE Gleich nach der Diskussion auf dem Podium greift ein Zuhörer Anja Reinalter (Mitte) für ein Gespräch ab.
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Was wird aus der Rente? SPD-Kandidat Martin Gerster (l.) im Gespräch.

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