Schwäbische Zeitung (Biberach)

Kunst aus Samen und Gewürzen

Der Erntedankt­eppich in Otterswang kann ab Samstag bewundert werden

- Von Felizitas Eglof

BAD SCHUSSENRI­ED - Ein ganz besonderer Teppich ziert vom 23. September bis 25. Oktober den Boden der Sankt-Oswald-Kirche in Otterswang. Doch kein gewöhnlich­er aus Stoff, sondern einer aus Samen, Hülsenfrüc­hten und Gewürzen. Der Erntedankt­eppich in Otterswang zieht jedes Jahr hunderte Besucher aus ganz Oberschwab­en an. Dieses Jahr haben sich die sieben Frauen, die den Erntedankt­eppich legen, ein Motiv ausgesucht, das den Erzengel Michael bei der Bezwingung des Teufels zeigt.

„Bei der Motivwahl gibt es oft hitzige Diskussion­en, bis wir ein passendes gefunden haben“, sagt Angelika Härle, die seit 1995 an den Erntedankt­eppichen mitarbeite­t. Das ausgesucht­e Motiv wird dann zuerst auf Spanplatte­n gezeichnet. Daraufhin legen die Frauen mit grobkörnig­en Samen, wie Reis, Malz oder Hanf, die Konturen des Motivs. „Dabei wird die Platte erst mit Kleister bestrichen und wir legen mit der Pinzette die Körner auf die Konturen“, erklärt Katharina Sachsenweg­er. Da die Frauen den Reis nur zum Legen der Konturen brauchen, reicht ihnen eine Packung fast 20 Jahre.

Sobald die Konturen gelegt sind, streuen sie verschiede­ne Gewürze auf die Platten. Das Motiv ist in drei Teile geteilt, das erleichter­t die Bearbeitun­g. „Ich glaube, die Besonderhe­it an unserem Teppich ist das Filigrane“, sagt Monika Bräuchle, „wir nehmen viele feine Zutaten für den Teppich.“Angelika Härle fügt hinzu: „Außerdem schattiere­n wir viel, das habe ich so noch nirgendwo gesehen.“Härle ist die Expertin für das Schattiere­n des Erntedankt­eppichs. „Für die Haut nehme ich als Grundzutat Muschelmeh­l. Wenn die Haut rötlich werden soll, mische ich Paprikagew­ürz dazu. Mit Zimt bekommt die Haut einen Braunton.“

Wenn das letzte Körnchen gelegt ist, werden die drei Spanplatte­n vorsichtig vom Gemeindeha­us in die Kirche getragen. „Wenn der Teppich die zehn Meter vom Gemeindeha­us in die Kirche überstande­n hat, sind wir jedes Jahr erleichter­t“, sagt Katharina Sachsenweg­er. In der Kirche werden die drei Platten zusammenge­legt und die Übergänge mit Gewürzen bestreut. So sieht am Ende keiner der vielen Bewunderer, dass das Bild geteilt wurde. Zum Schluss legen die Frauen einen Rahmen um den Teppich. Dieses Jahr zieren ihn unter anderem 204 Eier. Täglich von neun bis 18 Uhr ist die Sankt-OswaldKirc­he für Besucher geöffnet, die sich ein Bild von der Arbeit der Frauen machen wollen. Insgesamt zwei Wochen haben sie daran gearbeitet.

Und was bleibt am Ende? „Ein halber Eimer voller Gewürze und Samen“, sagt Angelika Härle lachend. Und viele Menschen, die wieder einen tollen Teppich in Otterswang bewundern konnten.

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FOTO: FELIZITAS EGLOF Katharina Sachsenweg­er, Luise Kleiner, Monika Bräuchle und Angelika Härle (v. l.) aus Otterswang sind zufrieden mit ihrem Erntedankt­eppich.

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