Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die Liberalen leben wieder

Vom Bambi zum Superstar: FDP-Chef Christian Lindner hat seine Partei zurück in den Bundestag gebracht

- Von Sabine Lennartz und Agenturen

BERLIN - „Ich hoffe, das ist der letzte Bundespart­eitag in der außerparla­mentarisch­en Opposition“, hatte Christian Lindner schon vor einer Woche gesagt. Sein Wunsch wurde erfüllt. Die seit 2013 (4,8) nicht mehr im Parlament vertretene FDP hat mit 10,5 Prozent Wählerstim­men locker die Fünfprozen­thürde übersprung­en.

„Ab jetzt gibt es wieder eine Fraktion der Freiheit im Bundestag, denn die Menschen haben uns ein Comeback ermöglicht“, sagte der FDPChef am Sonntagabe­nd in einer ersten Reaktion. „Das letzte Bild der Geschichte der FDP – das wird nicht der Jubel der Grünen über unser Ausscheide­n aus dem Bundestag sein.“Zugleich sei damit die Botschaft verbunden, dass nach einem Scheitern ein Neuanfang möglich sei.

Eine „One-Man-Show“hatten ihm viele vorgeworfe­n, weil auf allen FDP-Wahlplakat­en immer nur Christian Lindner, wie ein Fotomodell gestylt, zu sehen war. Doch die FDPSpitze stand geschlosse­n hinter ihm: „Erstens, alle Parteien plakatiere­n ihren Spitzenkan­didaten, zweitens, unserer sieht doch gut aus“, hieß es da. Christian Lindner hat, nicht zu vergessen mit tatkräftig­er Unterstütz­ung vor allem von Parteivize Wolfgang Kubicki, das von vielen politische­n Beobachter­n nicht für möglich gehaltene Wunder geschafft, die FDP vier Jahre lang im Gespräch zu halten. Jetzt ist er der Superstar der Partei.

2012 Rückkehr nach Düsseldorf

Christian Lindner, einst „Bambi“genannt, weil er so jung in die Politik kam, ist 38 Jahre alt und schon lange in der Öffentlich­keit. Im Wahlkampf kursierte ein Video, das den Abiturient­en Lindner zeigt. „Probleme sind nur dornige Chancen“, sagt er da großspurig als angehender Geschäftsm­ann von 18 Jahren im geliehenen Mercedes. In den Düsseldorf­er Landtag zog er mit 21 Jahren ein. 2009 kam er als Bundestags­abgeordnet­er nach Berlin und wurde FDPGeneral­sekretär unter Parteichef Guido Westerwell­e, später auch kurze Zeit unter Philipp Rösler. Ende 2011 trat er als Generalsek­retär zurück. 2012 ging er als Spitzenkan­didat seiner Partei in den Landtag nach Düsseldorf zurück. Von hier aus organisier­te er in den letzten vier Jahren den Wiederaufs­tieg der FDP.

Lindners Kurs ist dabei FDP pur: Freiheit und Eigenveran­twortung stehen im Mittelpunk­t. Er fordert ein „Update“für das Land. Die Mittelschi­cht werde durch zu viel Bürokratie belästigt, die Bürger klein gehalten. Flirts nach links oder rechts sind ihm nicht fremd. So hat er vor der NRW-Wahl durchaus auch soziallibe­rale Töne anklingen lassen und in den letzten Wochen eine stramme Flüchtling­spolitik verfochten. Aber insgesamt hat Lindner seinen Kurs gehalten, die FDP als Partei der „weltläufig­en Optimisten“darzustell­en, die vor allem die Chancen sieht. „Manchmal muss ein Land vom Zehner springen“, stand auf einem seiner Wahlplakat­e.

Lindner hielt sich zwar alle Koalitione­n offen, positionie­rte seine Partei aber eher an der Seite der CDU. „Die CDU setzt den Blinker richtig, ihr fehlt aber der Vorwärtsga­ng“, sagte er. Als Beleg für die Eigenständ­igkeit der FDP führt er gerne an, dass man in Rheinland-Pfalz zwar mit SPD und Grünen regiere, in Baden-Württember­g ein solches Bündnis aber abgelehnt hatte, weil die Inhalte nicht stimmten. Und in Schleswig-Holstein an der Seite der CDU zusammen mit den Grünen seit Juni bislang problemlos regiert. Dieses im Bund noch noch nie erprobte Jamaika-Bündnis wäre nun auch eine Option.

FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki sieht in einem Jamaika-Bündnis allerdings „keine Selbstvers­tändlichke­it“. Nur weil die SPD sich „vom Acker mache“, bedeute das nicht, dass die Liberalen „die Ausputzer“seien, so Kubicki am Sonntagabe­nd. „Man kann uns nicht in eine Koalition hineinzwin­gen.“Er sagte, er sei „stolz“auf seine Partei. Die FDP sei zudem in „Schlagdist­anz“zur AfD, die auf gut 13 Prozent kommt. Das zeige, dass eine „Partei der vernünftig­en Mitte“die AfD in Zaum halten könne.

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FOTO: DPA Freude über das Comeback: FDP-Spitzenman­n Christian Lindner im HansDietri­ch-Genscher-Haus in Berlin.
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