Schwäbische Zeitung (Biberach)
CDU-Kandidatin Kemmer freut sich über klaren Sieg in Ulm
Auch Mattheis (SPD) wieder im Bundestag – Kulitz (FDP) erfährt am Montag von seinem überraschenden Einzug
ULM/ALB-DONAU-KREIS (mö/sz) In den kommenden vier Jahren werden Ronja Kemmer (CDU), Hilde Mattheis (SPD) und Alexander Kulitz (FDP) den Wahlkreis Ulm/Alb-Donau im Bundestag vertreten. Den klaren Wahlsieg errang am Sonntag die bisherige und künftige CDU-Bundestagsabgeordnete Kemmer: Mit 42,7 Prozent der Erststimmen holte die 28Jährige am Sonntag im Wahlkreis 291 das Direktmandat. Hilde Mattheis von der SPD konnte 20,2 Prozent auf sich vereinigen. Sie wird über die Landesliste in den Bundestag einziehen. FDP-Kandidat Alexander Kulitz (8,1 Prozent der Erststimmen) erfuhr erst am Montagmorgen, dass auch er über die Landesliste der Liberalen den Sprung nach Berlin geschafft hatte.
Keine Chance hatte dagegen Marcel Emmerich von den Grünen mit 12,0 Prozent der Erststimmen, der nur auf Platz 16 der Landesliste seiner Partei stand. Eva-Maria Glathe-Braun (Linkspartei, 4,6 Prozent) und Eugen Ciresa (AfD, 10,7 Prozent) waren nicht auf den Landeslisten abgesichert. Die Wahlbeteiligung lag bei 79,7 Prozent und damit 3,9 Prozentpunkte über dem Ergebnis von 2013.
Das Direktmandat im Wahlkreis Ulm/Alb-Donau geht wie seit 1949 an die CDU. Zwar wird Kemmer die 52,1 Prozent, die die damalige Abgeordnete Annette Schavan 2013 erzielte, nicht erreichen. Aber Ronja Kemmer wird, zweieinhalb Jahre nachdem sie als Nachrückerin in den Bundestag eingezogen war, nun mit einem eigenen Mandat versehen den Wahlkreis vertreten. Ihr Wahlergebnis, das fast sechs Prozentpunkte über dem Zweitstimmenergebnis für die CDU (37,0 Prozent) liegt, führt Kemmer auf intensive Arbeit im Wahlkreis zurück: „Man muss bei den Menschen sein und nicht erst kurz vor den Wahlen mit der Wahlkreisarbeit beginnen“, erklärt sie ihr Rezept. Im Bund sei sie offen für eine Regierungskoalition aus CDU/CSU, FDP und den Grünen: „Mit mir ist ,Jamaika‘ machbar.“
Bei der SPD herrscht derweil große Ernüchterung: minus 3,6 Prozentpunkte bei den Erststimmen und damit 20,2 Prozent für Hilde Mattheis. Und nur 15,9 Prozent (minus 4,3 Prozentpunkte) bei den Zweitstimmen. Mattheis kommentiert: „Das Ergebnis ist eine Herausforderung. Mit 20,7 Prozent bleibt uns nur der Gang in die Opposition. Und uns bleibt der Auftrag, uns als Partei neu zu konstituieren.“Die SPD brauche jetzt den Erneuerungsprozess. Und: „Wir Sozialdemokraten werden als stärkste Kraft die Oppositionsführung übernehmen.“
Als Alexander Kulitz der Anruf unserer Zeitung am Montag erreichte, irrte er gerade durch die Parteizentrale der FDP in Berlin-Mitte. Er musste erst mal den Saal im HansDietrich-Genscher-Haus finden, in dem die konstituierende Sitzung der Fraktion stattfand. Kulitz hatte nicht damit gerechnet, in den Bundestag gewählt zu werden und wurde entsprechend von den Ereignissen überrumpelt. „Das war schon eine Überraschung und freut mich sehr“, sagte er. Kulitz stand auf der Landesliste auf Platz elf. Dank des guten Abschneidens der Liberalen schafften zwölf FDP-Kandidaten aus Baden-Württemberg den Sprung ins Parlament. Mit dem Einzug in den Bundestag wandelt Kulitz auf den Spuren von Birgit Homburger, die für die FDP von 1990 bis 1998 den Wahlkreis Ulm im Bundestag vertrat.
Über das Erststimmen-Ergebnis (8,1 Prozent) in der Stadt Ulm und im Landkreis ist Kulitz ein wenig enttäuscht. Umso mehr freut er sich über das Zweitstimmen-Resultat: „11,5 Prozent sind für Ulm top.“Er selbst sei völlig ohne Ambitionen auf ein Mandat angetreten: „Ich wollte nur erreichen, dass die FDP wieder in den Bundestag kommt. Und das ist gelungen.“
Keine politische Erfahrung
Politik ist für Kulitz Neuland, das räumte er offen ein. Bis auf seine Landtagskandidatur voriges Jahr hat er keine Erfahrungen auf diesem Feld. „Ich bin kein Politiker, ich bin da als Unternehmer reingegangen“, sagte er. Das sieht er als Vor- und Nachteil zugleich. Wie es jetzt weitergeht und was die nächsten Schritte für ihn als Abgeordneter sind, konnte er noch nicht sagen: „Gar nichts weiß ich“, gab er am Telefon zu. Es müsse sich jetzt erst mal alles finden und setzen. Einen Plan habe er sich vorher nicht gemacht. Der Jurist ist Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsführung im Familienbetrieb Esta Apparatebau in Senden. Kulitz ist Bundesvorsitzender der Wirtschaftsjunioren, einem Netzwerk von Unternehmern und Führungskräften unter 40 Jahren. Sein Vater Peter Kulitz ist seit vielen Jahren Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ulm.
Der Wahlkreis Ulm, der die Münsterstadt und den Alb-Donau-Kreis umfasst, wird damit auch künftig von drei Bundestagsabgeordneten vertreten. Das Direktmandat holte Ronja Kemmer (CDU). Hilde Mattheis (SPD) zog erneut über die Liste ein. Vor vier Jahren hatte Heinz Wiese (CDU) aus Ehingen über die Liste ein Mandat errungen, war aber nicht erneut nominiert worden. Es hätte ihm auch nichts genützt.