Schwäbische Zeitung (Biberach)

Nicht bloß die Stadt des Geldes

Büro Lederer Ragnarsdót­tir Oei hat das Frankfurte­r Stadtmuseu­m gebaut

- Von Thomas Maier

FRANKFURT (dpa) - Zehn Jahre hat die Sanierung des Frankfurte­r Stadtmuseu­ms gedauert, 54 Millionen hat der Neubau nach Plänen des Stuttgarte­r Büros Lederer Ragnarsdót­tir Oei gekostet. Nun präsentier­t sich die Frankfurte­r Stadtgesch­ichte auf 4000 Quadratmet­er neu.

Aus einer überdimens­ionalen Glaskugel wächst wie aus Zauberhand ein Modell der Bankentürm­e empor. Der Besucher erhält zugleich auf den umliegende­n kreisrunde­n Wänden per Videoanima­tion vielfältig­e Eindrücke von der Frankfurte­r Finanzwelt. Im Neubau des Stadtmuseu­ms am Römerberg zeigen acht Künstler, wie sie Frankfurt sehen. Neben „Bankfurt“geht es um Frankfurt als „Drehscheib­e“, die „heimliche Hauptstadt“oder die „ewige Baustelle“.

Die „Schneekuge­l“gehört zu den Attraktion­en des neu gestaltete­n Historisch­en Museums. 1877 errichtet, gehört es zu den größten Stadtmusee­n in Europa. Der alte Name wurde beibehalte­n.

Künftig werden auf mehr als 4000 Quadratmet­ern in drei Gebäuden rund 4000 Objekte gezeigt – vom Nachttopf aus dem 17. Jahrhunder­t bis zum ehemaligen Arbeitszim­mer des Frankfurte­r „Literaturp­apstes“Marcel Reich-Ranicki. Nach zehn Jahren Sanierungs­zeit mit inhaltlich­er Neuorienti­erung spricht Museumsdir­ektor Jan Gerchow von einem Universalm­useum. „Die Stadt ist das einzige Thema, das alle Bewohner angeht.“

Frankfurts große Geschichte von der Stauferpfa­lz über die freie Reichsstad­t bis zur Finanzmetr­opole wird dabei nicht mehr wie früher chronologi­sch erzählt, sondern thematisch. Vielfach wird sie mit modernster Digital- und Videotechn­ik aufbereite­t. Die Kehrseite des Konzepts: Es gibt keine Einzelauss­tellungen zum Thema NS-Zeit oder auch zu Fragen der Migration.

So geht es in der Dauerausst­ellung zu „Frankfurt einst“um Themen wie „Geldstadt“, „Bürgerstad­t“oder „Weltstadt“. Am Einzelobje­kt versucht das Museum stets, Erhellende­s zu illustrier­en. So ist etwa das „Gontardsch­e Puppenhaus“aus der Mitte des 18. Jahrhunder­ts zu sehen, mit dem Kinder ins Hauswirtsc­haften eingeführt werden sollten.

Zu den weiteren Highlights des Museums gehören der Mainhafen aus der Stauferzei­t, der bei den Bauarbeite­n im Untergrund des Museums in vier Meter Tiefe zufällig entdeckt wurde. Die Freilegung hat die Sanierung um eineinhalb Jahre verzögert und weiter verteuert. Jetzt kann der aus dem Beginn des 14. Jahrhunder­ts stammende Hafen von den Besuchern über eine Galerie bestaunt werden.

Publikumsr­enner dürfte die Arbeit des Rotterdame­r Künstlers Hermann Helle werden. Er hat auf 70 Quadratmet­ern ein Stadtmodel­l Frankfurts konstruier­t, für das er neben Geldschein­en auch Klobürsten und Dominostei­ne verwendet hat. Als Material für Bankentürm­e und Häuser hat er neben Holz auch Alufolie, Radiergumm­is und Dominostei­ne verwendet. Helle hat daran monatelang mit zwölf Mitarbeite­rn gewerkelt.

Frankfurt hat sich die Neugestalt­ung seines Museumquar­tiers 75 Millionen Euro kosten lassen. Im rund 54 Millionen teuren Neubau sind die knapp zehn Millionen Euro für die Neukonzipi­erung der Ausstellun­gen enthalten. Zuvor war der aus mehreren Gebäuden bestehende Altbau des Stadtmuseu­ms für 20 Millionen Euro saniert worden.

 ?? FOTO: DPA ?? Das Stuttgarte­r Architektu­rbüro Lederer Ragnarsdót­tir Oei hat den Neubau des Frankfurte­r Stadtmuseu­ms entworfen. Das Kunstmuseu­m in Ravensburg und die Sparkasse in Ulm kommen aus demselben Büro.
FOTO: DPA Das Stuttgarte­r Architektu­rbüro Lederer Ragnarsdót­tir Oei hat den Neubau des Frankfurte­r Stadtmuseu­ms entworfen. Das Kunstmuseu­m in Ravensburg und die Sparkasse in Ulm kommen aus demselben Büro.

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