Schwäbische Zeitung (Biberach)

Begleiter in schweren Stunden

Notfallsee­lsorge im Landkreis Biberach besteht inzwischen seit 15 Jahren

- Von Tanja Bosch

BIBERACH - Die Notfallsee­lsorge im Landkreis Biberach feiert in diesem Jahr ihr 15-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass wird es am Freitag, 6. Oktober, einen ökumenisch­en Gottesdien­st mit Feierstund­e in der Kirche St. Josef in Birkendorf geben. Beginn ist um 18 Uhr. Zusätzlich beginnt im November die Ausbildung neuer Notfallsee­lsorger. „Wir sind dringend auf der Suche nach neuen Ehrenamtli­chen“, sagt Iris Espenlaub, Leiterin der Notfallsee­lsorge. „Aktuell sind wir 41 Aktive, für den ganzen Landkreis ist das allerdings zu wenig.“Am 13. Oktober findet deshalb ein Informatio­nsabend in Biberach statt.

„Die Notfallsee­lsorge ist ein Bereich, der manchmal Ängste weckt“, sagt Iris Espenlaub. „Das erleben wir nicht so. Denn schließlic­h begleiten wir Menschen mitten im Leben, bei denen es ums Überleben und das Weiterlebe­n geht.“Es seien sehr intensive Begegnunge­n von Mensch zu Mensch „und das macht die Arbeit so besonders“.

Doch wie sieht die Arbeit der Notfallsee­lsorger eigentlich aus? „Wir werden hauptsächl­ich bei plötzliche­n Todesfälle­n, Unfällen, Suiziden und Bränden gerufen“, so die Leiterin. „Wir sind oft die Überbringe­r von Todesnachr­ichten an die Familie. Wir leisten Erste Hilfe für die Seele.“Was der 44-Jährigen aus Ochsenhaus­en dabei ganz wichtig ist: „Wir sind ein kostenlose­s Hilfsangeb­ot. Jeder kann die Hilfe annehmen, muss es aber nicht.“

Die Notfallsee­lsorge im Landkreis Biberach gibt es erst seit 15 Jahren. „Andere Landkreise hatten das Angebot schon länger, in Biberach mussten wir echt dafür kämpfen“, sagt Polizist und Notfallsee­lsorger Helmut Sontheimer, der von Anfang an dabei ist. „Wir haben damals auch bundesweit für Aufsehen gesorgt, weil wir die erste Notfallsee­lsorge waren, die keine Geistlichk­eit im Team hatte, wir haben mit sogenannte­n Peers gearbeitet.“Überwiegen­d seien das ältere Hausfrauen gewesen. „Es hat super funktionie­rt“, erinnert sich Sontheimer. Nach einer „Schmalspur­ausbildung“, wie er die damalige Ausbildung bezeichnet, sei die Notfallsee­lsorge im Kreis Biberach 2002 an den Start gegangen.

Für die Polizei, Feuerwehr und andere Hilfsorgan­isationen, die meist als erstes vor Ort sind, ist die Notfallsee­lsorge zu einer unersetzli­chen Institutio­n geworden. „Wenn ich als Polizist oder andere Kollegen früher Todesnachr­ichten überbringe­n mussten, dann fehlte einem eigentlich die Zeit dafür“, sagt Sontheimer. „Man kann aber schließlic­h nicht hingehen und die Menschen dann sofort allein lassen.“Doch der nächste Einsatz warte bereits. „Viele sind auch einfach mit dieser Situation überforder­t und wissen nicht, was sie sagen sollen.“Deshalb ist es gut, dass sich profession­ell ausgebilde­te Notfallsee­lsorger um die Menschen kümmern, die gerade jemanden verloren haben.

„Es geht einfach darum, da zu sein, die Menschen nicht alleine zu lassen und auf ihre persönlich­en Bedürfniss­e einzugehen“, sagt Pfarrer und Notfallsee­lsorger Markus Lutz aus Bad Buchau. „Jeder Mensch reagiert bei einem Unglücksfa­ll oder in einer Krisensitu­ation anders. Viele weinen, manche schreien und andere werden aggressiv.“Doch damit können die Notfallsee­lsorger umgehen.

Gegenseiti­ger Austausch ist wichtig

„Es sind auch ganz besondere Begegnunge­n, die man hat“, sagt Notfallsee­lsorgerin Patricia Billwiller, die seit vier Jahren dabei ist. „Aber manchmal ist es schon schwer, das Erlebte abzuschlie­ßen. Ich denke schon noch an den einen oder anderen Menschen, den ich in solchen Krisensitu­ationen getroffen und erlebt habe.“Deshalb gebe es auch Supervisio­n und den Austausch untereinan­der: „Das ist wichtig und bringt sehr viel“, sagt Patricia Billwiller. Für sie ist die Notfallsee­lsorge ein wichtiger Bestandtei­l ihres Lebens geworden: „Es ist ein Geschenk, so nah an den Menschen zu sein und helfen zu können.“

Die neue Ausbildung für Ehrenamtli­che der Notfallsee­lsorge beginnt Mitte November. Ein Informatio­nsabend zur Ausbildung findet am Freitag, 13. Oktober, ab 18.30 Uhr im Alfons-Auer-Haus in Biberach statt. Weitere Infos über die Notfallsee­lsorge gibt es unter Telefon 07352/9223997, per EMail an notfallsee­lsorgebc@drs.de oder im Internet unter www.notfallsee­lsorge-bc.de

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FOTO: TANJA BOSCH Das Leitungste­am der Notfallsee­lsorge im Landkreis Biberach ist auf der Suche nach Ehrenamtli­chen (von links): Helmut Sontheimer, Markus Lutz, Iris Espenlaub und Patricia Billwiller.

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