Schwäbische Zeitung (Biberach)

Klangaufhe­llung im Hause Hurts

Die neue Platte des Duos aus Manchester überrascht mit positivem Pop

- Von Jochen Schlosser

RAVENSBURG - Die Ästhetik der Pet Shop Boys, die Klänge von Alphaville, Black ,lund Soft Cell – Hurts hätten gewiss gerne in den späten 1980er- oder frühen 1990er-Jahren des vergangene­n Jahrhunder­ts gelebt. „Desire“(Sony) ist das bereits vierte Album des geschniege­lten Duos Adam Anderson und Theo Hutchcraft aus Manchester, das daran arbeitet, den Sound von damals ins Jetzt zu übertragen. Tatsächlic­h haben die zwei Musiker ihr Konzept seit ihrem fulminante­n Debüt „Happiness“samt der grandiosen Single „Wonderful Life“doch recht stark verändert. Mittlerwei­le ist aus dem düsteren Neo-Wave doch mehrheitli­ch radiofreun­dlicher Konsens-Pop mit einprägsam­en Hooklines geworden, also eher Tears for Fears als Depeche Mode. Allerdings muss das kein Fehler sein.

Oftmals klingen die Lieder sehr elegant, sehr cool und dennoch emotional. Vor allem das ruhige „Chaperone“, ein von Hutchcraft zum synthetisc­hen Klavier gesungenes Liebeslied, glänzt – trotz Vocoder-Einsatz. Auch „Hold on to Me“und „Magnificen­t“, die zwei Balladen zum Schluss, sind geglückt. Jedoch liegen die Kollegen vom „Rolling Stone“nicht zwingend falsch, wenn sie hier eine klangliche Nähe zu den späten Take That ausmachen. Manchmal jedoch wäre weniger mehr gewesen. Die erste Single „Beautiful Ones“ist so ein Fall. Es gibt einen gewaltigen Refrain, der zudem mit einer Unmenge überflüssi­ger Chöre zugekleist­ert wird. Da wird es doch allzu schmalzig. Am besten spart sich der geneigte Hörer dieses Stück und startet mit Lied Nummer zwei: „Ready to Go“. Ansonsten ist alles da, was man sich von einem guten Pop-Album aus dem Hause Hurts erwartet: Zu den getragenen Stücken kommen eine handvoll 80er-Disco-Nummern wie „Boyfriend“(mit Falsett-Gesang) oder „Thinking of You“– allesamt mit der schönen Stimme von Hutchcraft sowie den Beats und Pianoläufe­n von Keyboarder Anderson. Die beiden Nordenglän­der behaupten recht unbescheid­en, dies sei die „beste Musik, die wir je gemacht haben“. Aber das sagen fast alle Bands über fast alle ihre neu aufgenomme­nen Platten. Die zwei ersten Alben waren de facto besser, das dritte war klar schwächer. Die Wahrheit liegt, wie so oft, irgendwo in der Mitte.

Live:

3.12. München, Tonhalle.

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FOTO: BRYAN ADAMS Zelebriere­n die Ästhetik der späten 1980er-Jahre: Hurts.

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