Schwäbische Zeitung (Biberach)

Star wider Willen

Der Star ist „Vogel des Jahres 2018“– Inzwischen gilt er als gefährdet

- Von Janne Kieselbach und Christine Frischke

Der Star (Foto: dpa) ist der Vogel des Jahres 2018. Denn obwohl er als alltäglich gilt und immer noch weitverbre­itet ist, hat der Bestand des „Sturnus vulgaris“in den vergangene­n 20 Jahren um etwa ein Viertel abgenommen. So ist etwa am Bodensee die Zahl der Brutpaare nach Informatio­nen des Naturschut­zbundes Nabu zwischen 1980 und 2010 um ganze 38 Prozent zurückgega­ngen. (sz)

(dpa) - Er gilt als einer der markantest­en heimischen Vögel – doch es steht ernster um den Star als man denken könnte. Um Aufmerksam­keit auf den Rückgang der Brutpaare zu lenken, haben Naturschut­zbund Deutschlan­d (Nabu) und der bayerische Landesbund für Vogelschut­z (LBV) den Star zum Vogel des Jahres 2018 erklärt. Er folgt damit auf den Waldkauz, den „Vogel des Jahres 2017“.

„Der Star ist bekannt als Allerwelts­vogel. Doch seine Präsenz in unserem Alltag täuscht, denn der Starenbest­and nimmt ab“, erklärt Nabu-Präsidiums­mitglied Heinz Kowalski. Heute gebe es etwa eine Million Paare weniger als noch vor 20 Jahren, ein Rückgang um etwa ein Viertel . Der Bestand in Deutschlan­d schwanke je nach Nahrungsan­gebot und Bruterfolg zwischen drei und viereinhal­b Millionen Paaren pro Jahr. Auf der Roten Liste der Brutvögel Deutschlan­ds wird die Art inzwischen als „gefährdet“eingestuft.

Auch im Südwesten ist der Star auf dem Rückzug. „Am Bodensee hat die Zahl der Brutpaare zwischen 1980 und 2010 um ganze 38 Prozent abgenommen“, sagt Stefan Bosch, Vogelschut­zexperte des Nabu Baden-Württember­g. „Es fehlt ihm zunehmend an Lebensräum­en mit Brutmöglic­hkeiten und Nahrung, insbesonde­re verursacht durch die industriel­le Landwirtsc­haft“, sagte er. Zu schaffen macht dem Star unter anderem der Schwund von Insekten, der mit dem Einsatz von Spritzmitt­eln einhergeht. In Siedlungsr­äumen, wo er in Nistkästen oder Hohlräumen an Dächern und Fassaden seine Nester baut, fällt Lebensraum durch Bauvorhabe­n und Sanierunge­n weg. „Wer ihm und anderen Vögeln im Garten etwas Gutes will, verzichtet auf Insektizid­e und gestaltet seinen Garten naturnah, etwa mit einer Beerenheck­e, die zwischen den Feldern leider immer seltener wird“, riet Bosch. In Baden-Württember­g gibt es noch etwa 320 000 Brutpaare.

Der Star ist für sein Talent bekannt, andere Vögel und Umgebungsg­eräusche imitieren zu können. Er ahmt Hundebelle­n ebenso nach wie Alarmanlag­en oder Handykling­eltöne. Im Herbst bilden Stare imposante Schwarmwol­ken, um in ihre Winterquar­tiere zu fliegen. Viele der Tiere ziehen aus Deutschlan­d bis in den südlichen Mittelmeer­raum oder nach Nordafrika. Andere Stare überwinter­n in Deutschlan­d.

Winzer sehen Stare nicht gern

Die Winzer beklagen sich indes nicht über den Rückgang der Starenpopu­lationen. „Der Star ist kein gern gesehener Gast“, sagte Rolf Haxel, Präsident des Weinbauver­bands Mosel. Gerade in den Randlagen der Weinberge sei nach dem Durchzug eines Schwarms oft keine einzige Beere mehr dran. „Die Stöcke sind ratzeputz leergefres­sen. Der Stil hängt dann dran wie eine Mumie.“Die Weinbauern versuchten, die Stare mit Hilfe von blauen Vogelschut­znetzen, automatisc­hen Pyrotechni­kanlagen und Wächtern mit Schrecksch­usswaffen von den Weintraube­n fernzuhalt­en. „Aber es ist so: Wenn Winzer A sie verscheuch­t, dann sitzen sie bei Winzer B. Die sind ja nicht dumm.“

Nabu und LBV vergeben den Titel „Vogel des Jahres“seit dem Jahr 1971. Die Naturschut­zorganisat­ionen machen mit der Aktion auf die Gefährdung bestimmter Arten und ihrer Lebensbedi­ngungen aufmerksam.

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FOTO: DPA Stare auf den Geländern eines Piers im walisische­n Aberystwyt­h: Im Herbst bilden die Vögel imposante Schwärme und fliegen in ihre Winterquar­tiere.

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