Schwäbische Zeitung (Biberach)

Eier werden teurer – aber nicht für Kunden

Nachwirkun­gen des Fipronil-Skandals sorgen für Lieferengp­ässe – Zukäufe nötig

- Von Elmar Stephan

OSNABRÜCK (dpa) - Das Geschäft mit Frühstücks­eiern macht vielen Legehennen­haltern derzeit keinen Spaß, und das, obwohl die Ware knapp und damit teuer ist. Denn um die Liefervert­räge mit dem Lebensmitt­eleinzelha­ndel erfüllen zu können, müssen die Eierliefer­anten teure Ware aus dem Ausland hinzukaufe­n. Und da die Preise mit den Einzelhand­elsriesen wie Aldi, Lidl, Rewe oder Edeka vertraglic­h festgelegt sind, müssen sie den Preisunter­schied aus eigener Tasche zahlen.

„Die Eierpreise auf Großhandel­sebene sind schon deutlich gestiegen“, sagt die Expertin Margit Beck von der Marktinfo Eier und Geflügel in Bonn. Sie hat jüngst Preissteig­erungen von um die 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahr beobachtet.

Fixpreis gilt trotz allem

Aber diese Preise gelten nur für den freien Markt. „Wenn Sie als Lieferant eine Vereinbaru­ng mit dem abnehmende­n Handel geschlosse­n haben, Eier zu festen Preisen zu liefern, dann gelten die auch weiterhin.“Die Erzeuger, die ein paar Eier übrig haben und am freien Markt verkaufen können, verdienen am Markt Geld. „Diejenigen, die im Moment zukaufen und zu den alten Preisen an den Handel verkaufen müssen, die haben ein Problem“, sagt Beck.

Freuen dürfen sich im Moment die Verbrauche­r, denn wegen der Liefervert­räge werde der Einzelhand­el bevorzugt beliefert. Die Verbrauche­rpreise sind im Moment relativ stabil, die Regale gefüllt. Die Preise könnten sich aber ändern, denn jetzt laufen die Verhandlun­gen über Kontrakte fürs nächste Jahr. „Da haben die Anbieter die Chance, einen etwas höheren Preis zu generieren“, sagt die Marktexper­tin. Der Handel dürfte das erfahrungs­gemäß an die Verbrauche­r weitergebe­n. Die Folge: Nächstes Jahr werden die Eier vermutlich etwas teurer.

Grund für den Eierengpas­s sind Nachwirkun­gen des Fipronil-Skandals. In der Folge wurden bis zu 180 Legehennen­betriebe in den Niederland­en gesperrt. Experten rechnen damit, das bis weit in das Jahr 2018 hinein etwa 30 Prozent der Eierproduk­tion in dem Nachbarlan­d ausfallen werden. Nun sind aber die Niederland­e auch der größte Eierexport­eur nach Deutschlan­d. Deutsche Betriebe können nur knapp 70 Prozent der Nachfrage im Inland befriedige­n. Das macht die Eier im Moment sehr knapp, zumal auch Polen, Belgien und Italien mit den Nachwirkun­gen der Fipronil-Krise zu kämpfen haben.

Den Wettbewerb um die knappe Ware Ei dürfte im Moment auch die eierverarb­eitende Nahrungsmi­ttelindust­rie spüren. Die Branche habe gerade große Mengen Eier aus Bodenhaltu­ng aus dem Ausland bekommen, sagt Aline Veauthier, Geschäftsf­ührerin des Wissenscha­ftsund Informatio­nszentrums Nachhaltig­e Geflügelwi­rtschaft an der Uni Vechta.

Aus ihrer Sicht hat der FipronilSk­andal bislang für die Verbrauche­r so gut wie keine Auswirkung­en gehabt. Das Kaufverhal­ten habe sich wieder schnell stabilisie­rt, nachdem klar war, dass mit den Fipronil-Eiern nach Expertenan­sicht keine gesundheit­lichen Gefahren verbunden waren. Vielleicht seien die Verbrauche­r inzwischen ein wenig achtsamer und sensibler geworden und achteten mehr darauf, wo die Eier herkommen. Auffallend sei, dass die Direktverm­arktung zugenommen habe: „Einige Leute sind direkt zum Hof gefahren, haben geguckt, wie werden die Tiere gehalten und kaufen dort ihre Eier.“

Für die Eierbranch­e in Deutschlan­d ist die Situation derzeit alles andere als rosig. In Deutschlan­d verliert der Eierhandel gerade 30 bis 40 Millionen Euro, meint Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralver­bandes der Deutschen Geflügelwi­rtschaft. „Wir hoffen auf die Solidaritä­t des Lebensmitt­eleinzelha­ndels und die Öffnung beziehungs­weise Anpassung von Kontrakten“, sagt er.

Das sind alles Probleme, die die Akteure hinter den Kulissen bewältigen müssen. Aber: Die Märkte im Lebensmitt­elbereich seien im Grunde gut versorgt, sagt Marktexper­tin Beck. „Ich erwarte keine leeren Regale, auch nicht bei den verarbeite­ten Produkten“, sagt sie.

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