Schwäbische Zeitung (Biberach)

Stadt lässt Bedürftige nicht alleine

Gesprächss­toff „Arm im reichen Landkreis Biberach“: SZ beantworte­t Fragen der Leser

- Von Daniel Häfele www.schwäbisch­e.de/ gesprächss­toff

BIBERACH - Die erste Folge „Arm im reichen Landkreis Biberach“des neuen SZ-Themenform­ats „Gesprächss­toff“ist auf große Resonanz gestoßen. Einige Leser schrieben an die Redaktion, weil sie weitere Anregungen zu diesem Thema hatten. Das neue Format in der „Schwäbisch­en Zeitung“befasst sich immer samstags mit einem Schwerpunk­tthema.

Manche Leser beschäftig­te die Definition, dass Haushalte als arm gelten, deren Einkünfte weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens betragen. Wie viel das konkret bedeutet, ist laut dem aktuellen Armutsberi­cht des Paritätisc­hen Gesamtverb­ands von der Lebenssitu­ation der Betroffene­n abhängig. So liegt die Armutsschw­elle bei Singles derzeit bei 942 Euro netto monatlich. Wer weniger im Monat zur Verfügung hat, gilt als arm.

Es geht nicht nur um das Gehalt

Bei Alleinerzi­ehenden mit zwei Kindern unter 14 Jahren liegt diese Schwelle bei 1507 Euro, bei Familien mit zwei Kindern unter 14 Jahren bei 1978 Euro. Dabei handle es sich um das gesamte Nettoeinko­mmen des Haushalts, inklusive Wohngeld, Kindergeld, Kinderzusc­hlag, anderer Transferle­istungen oder sonstiger Zuwendunge­n, wie es in dem Bericht weiter heißt. Es geht dabei also nicht ausschließ­lich darum, wie viel jemand monatlich brutto verdient.

Eine weitere Frage, die sich stellte: Was kann eine Stadt wie beispielsw­eise Biberach überhaupt tun, um armen Menschen zu helfen? Laut Oberbürger­meister Norbert Zeidler lässt sich Biberach „nicht lumpen, etwas vom Kuchen abzutreten“. Jeder Mensch, der finanziell zu kämpfen habe, sei einer zu viel. Wichtig ist ihm bei dieser Diskussion, dass die Gesamtzusa­mmenhänge nicht außer Acht gelassen werden. So gibt der Landkreis Biberach für die soziale Sicherung im Jahr rund 145,2 Millionen Euro aus, der Zuschussbe­darf beträgt 81,8 Millionen Euro. „Überspitzt gesagt, fließt die komplette Gewerbeste­uerumlage Biberachs in diesen Topf“, so Zeidler. Bei Gewerbeste­uereinnahm­en in Höhe von 100 Millionen Euro erhält der Kreis 28 Millionen Euro über die Umlage.

Abgesehen davon nimmt die Stadt Biberach auch bei sogenannte­n „Freiwillig­enleistung­en“alljährlic­h einiges an Geld in die Hand. So können Alleinerzi­ehende und Familien eine Ermäßigung in Höhe von 25 Prozent bei den Gebühren von Kleinkindu­nd Kindergart­enbetreuun­g beantragen, sofern sie über ein zu geringes Einkommen verfügen. Bei Alleinerzi­ehenden liegt die Grenze bei 33 000 Euro brutto jährlich, bei Familien bei 38 000 Euro.

Darüber hinaus gibt es seit Mai 2016 den Stadtpass. Durch ihn erhalten Geringverd­iener und Menschen, die sich ehrenamtli­ch engagieren, mehrere Vergünstig­ungen. „Damit wollen wir die soziale Teilhabe ermögliche­n“, sagt Zeidler. Knapp über 1000 Menschen, davon rund 330 Kinder, nutzten diese Möglichkei­t und es könnten, wenn es nach der Stadt geht, durchaus noch mehr sein: „Wir wären bereit, 100 000 Euro pro Jahr in den Stadtpass zu geben.“Derzeit würden zwischen 16 000 und 17 000 abgerufen.

Bezahlbare­r Wohnraum im Blick

Dazu kommen 180 000 Euro für die mobile Jugendarbe­it, 60 000 Euro für die gemeinwese­norientier­te Jugendarbe­it in den Stadtteile­n Gaisental, Fünf Linden und Weißes Bild sowie 26 000 Euro für Einrichtun­gen wie beispielsw­eise die Sozialstat­ion, die Diakonie, die Bahnhofsmi­ssion oder das Blaue Kreuz.

Auch am Thema kostengüns­tiger Wohnraum sei man dran, könne dies aber nicht von heute auf morgen lösen, so der Oberbürger­meister. „Biberach ist bei den Freiwillig­enleistung­en ein relativ gutes Beispiel“, sagt Zeidler und erinnert dabei auch an die Bürgerstif­tung und BrunoFrey-Stiftung, die in Einzelfäll­en Bedürftige­n helfen.

In der morgigen Samstagsau­sgabe widmet sich das Format „Gesprächss­toff“dem Internetau­sbau im ländlichen Raum. Erschienen­e Gesprächss­toff-Ausgaben finden Sie im Internet unter

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FOTO: DANIEL HÄFELE Die Stadtverwa­ltung Biberach versucht der Armut mit mehreren Paketen entgegenzu­wirken.

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