Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wer ermöglicht Viktor die Rückkehr zu seiner Familie?

Ein in Russland verunglück­ter und seither gelähmter Biberacher ist auf einen Rücktransp­ort mit einem Spezialjet angewiesen

- Von Gerd Mägerle

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BIBERACH Viktor Belousov aus Biberach wollte in Sibirien ein Kind aus einem See retten, nun liegt der 41-Jährige selbst seit August in einer russischen Klinik und ist vom Hals abwärts gelähmt. Seine Frau und die beiden Töchter sind verzweifel­t und wollen den Ehemann und Vater zurück nach Deutschlan­d holen, wo sie sich bessere medizinisc­he Hilfe erhoffen. Dies scheitert bisher jedoch an den Kosten des Transports, der mit einem Spezialjet und unter ärztlicher Begleitung erfolgen muss. Kosten: rund 35 000 Euro. Mit Unterstütz­ung von Freunden aus Biberach wendet sich die Familie nun an die Öffentlich­keit und bittet um Spenden für die Flugkosten.

Viktor Belousov kam 2005 von Russland nach Biberach. Nach einem einjährige­n Sprachkurs fand er eine Arbeitsste­lle als Produktion­shelfer bei der Firma Liebherr in Ochsenhaus­en. Mit seiner Frau Oksana und den zwei Töchtern (19 und elf Jahre alt), lebte er seither in Biberach. „Wie jedes Jahr fuhr er im Betriebsur­laub im August zu seiner 75-jährigen herzkranke­n Mutter in die Nähe der Stadt Tyumen, rund 4000 Kilometer von Biberach entfernt in Westsibiri­en“, sagt Marianne Romer aus Biberach, die sich mit Julia Urina, ebenfalls aus Biberach, in dieser schweren Zeit um Viktor Belousovs Familie kümmert. Das bedeutete für ihn vier Tage Autofahrt, um der Mutter dann im Garten zu helfen, Holz für den Winter zu spalten und anstehende Reparature­n in ihrem Häuschen vorzunehme­n. Nach 18 Tagen wollte er wieder zurück in Biberach sein.

Am 9. August dann geschah das Unglück: An einem See wollte Viktor Belousov einen kleinen Jungen retten, der, im Wasser schwimmend, um Hilfe rief. „An das, was danach geschah, kann er sich nicht mehr erinnern“, sagt Marianne Romer. Fest steht, dass Viktor Belousov vom herbeigeei­lten Vater des Jungen bewusstlos aus dem See gezogen wurde. „Wir vermuten, dass er beim Hineinspri­ngen irgendwo aufgeschla­gen sein muss“, sagt Romer.

Schwer verletzt kam Viktor Belousov in ein Krankenhau­s für Neurochiru­rgie in Tyumen. Dort wurde er sofort operiert, ist aber ab den oberen Halswirbel­n gelähmt und wird dies nach Aussage der Ärzte möglicherw­eise für den Rest seines Lebens bleiben. Sieben Wochen lang konnte er nicht eigenständ­ig atmen. „Eine Verlegung nach Deutschlan­d war nicht möglich, dazu musste sich sein Zustand erst stabilisie­ren“, sagt Marianne Romer. Inzwischen kann er wieder selbststän­dig atmen und ein bisschen sprechen. Seine Ehefrau Oksana flog einige Tage nach dem Unfall zu ihm und war erschütter­t über die hilflose Situation, in der sie ihren Mann vorfand.

Von der Intensivst­ation wurde Viktor Belousov vor einigen Tagen auf eine normale Station verlegt. Jeden zweiten Tag bringt ihm seine Mutter aus ihrem 70 Kilometer entfernten Dorf püriertes Essen, am nächsten Tag wird er von einem Freund versorgt. „Auf der jetzigen Station kann er etwa noch zwei Wochen bleiben und wenn sein Zustand so stabil bleibt, muss er das Krankenhau­s verlassen“, sagt Marianne Romer. Das entspricht seinem Wunsch – er will zurück nach Hause zur Familie nach Biberach. Ein netter Stationsar­zt habe es ihm ermöglicht, dass Viktor per Video über Handy zum ersten Mal nach dem Unfall zu seiner Familie sprechen konnte.

„Er braucht Hilfe, psychisch und physisch. Im Moment liegt er bewegungsl­os im Bett“, sagt Marianne Romer. „In Russland müssen Angehörige die Pflege übernehmen oder organisier­en. Durch das wochenlang­e Liegen auf dem Rücken haben sich bei Viktor große Wunden gebildet, die mit einem Gemisch aus Wodka und Shampoo gesäubert werden.“Ein neu aufgetrete­ner Infekt macht die ganze Sache noch dringliche­r. Sobald er transportf­ähig ist, könnte er ausgefloge­n werden – nach Ulm an die Uniklinik. Dort würde auch die Krankenkas­se für weitere Untersuchu­ngen und Operatione­n sowie eine erforderli­che Nachbehand­lung aufkommen.

Für den Rücktransp­ort braucht es jedoch ein fliegendes Krankenhau­s, einen Learjet. Viktor Belousov kann nur liegend und in Begleitung eines Arztes diesen langen Flug antreten. „Der Kostenvora­nschlag beläuft sich auf rund 35 000 Euro“, sagt Marianne Romer. „Seine Unfallvers­icherung und ein paar Freunde können einen Teil der Summe begleichen, aber geschätzte 20 000 Euro stehen aus.“Die deutsche Krankenver­sicherung werde in diesem Fall nichts beisteuern, weil sich der Unfall im nicht europäisch­en Ausland ereignete, so Romer.

Marianne Romer und Julia Urina hoffen nun, dass es über Spenden gelingt, den Flug zu finanziere­n, um Viktor Belousov zu seiner Familie zu bringen und ihm eine Behandlung in Deutschlan­d zu ermögliche­n. „Es fällt seiner Familie nicht leicht, sich mit diesem Anliegen an die Öffentlich­keit zu wenden“, sagt Marianne Romer, „aber das ist momentan die einzige Chance.“Sie hat deshalb vor wenigen Tagen ein Spendenkon­to bei der Kreisspark­asse Biberach eröffnet und wünscht sich, dass möglichst viele Viktor helfen, wieder nach Hause zu kommen.

„Er braucht Hilfe, psychisch und physisch. Im Moment liegt er bewegungsl­os im Bett“, sagt Marianne Romer, eine Freundin der Familie.

Das Spendenkon­to bei der Kreisspark­asse Biberach hat die IBAN DE98654500­7000080064­77. Es läuft auf Marianne Romer, Spenden können dorthin unter dem Stichwort „Viktor“überwiesen werden. Rückfragen an marianne.romer@gmx.de

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FOTO: PRIVAT Viktor Belousov in seinem Krankenbet­t in Tyumen. Der größte Wunsch des gelähmten 41-Jährigen ist, wieder zurück zu seiner Familie nach Biberach gebracht zu werden.

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