Schwäbische Zeitung (Biberach)
Frankreichs große Musik und Malerei
Interdisziplinäres Kolloquium während der Französischen Wochen
BIBERACH - Im Rahmen der Französischen Wochen war diese Woche ein interessantes interdisziplinäres Kolloquium zu erleben. Wer waren die großen Künstler, die im Zeitalter des Barocks und Absolutismus Malerei und Musik gestalteten? Wie war der Übergang in das Rokoko, in die Moderne? Das waren die zentralen Fragen.
Musikwissenschaftler und Kulturdezernent Jörg Riedlbauer erklärte das an Beispielen von Jean-Baptiste Lully bis Jean-Philippe Rameau. Die Kunsthistorikerin Elsbeth Berg erläuterte anhand von Werken von Nicolas Poussin im frühen 17. Jahrhundert bis Jean Siméon Chardin etwa 100 Jahre später die entsprechenden Entwicklungen in der französischen Malerei.
Riedlbauer erläuterte, dass die französische Musik ihre Wurzeln in der italienischen Renaissance hat. Als die Florentinerin Maria von Medici 1600 den französischen König Heinrich IV. heiratete, sollten die großen antiken Sprechdramen wiederbelebt werden, man erfand dabei die Oper.
Am Hofe Ludwig XIV., dem Enkel Heinrichs IV., nahm Jean-Baptiste Lully die Stellung des ersten Musikanten ein. Riedlbauer spielte ein Beispiel der Musik Lullys aus dessen „Te Deum laudamus“von 1677 ein, damals von 300 Orchestermusikern gespielt. Der strenge punktierte Rhythmus wird vom Blech dominiert. Lully starb 1687, weil er sich seinen meterlangen Dirigierstab in den Fuß rammte. Blutvergiftung. Über Lullys Zusammenarbeit mit JeanBaptiste Molière kam der Referent zu Marc-Antoine Charpentier, dessen Eurovisionsfanfare jedermann im Ohr hat. Nach Lullys Tod wurde Michel-Richard Dalalande Hofkomponist. Sein Zeitgenosse Francois Couperin war ein hoch angesehener Tonsetzer und Organist. Von allen diesen Komponisten spielte Jörg Riedlbauer eindrucksvolle Musikbeispiele vor.
Dann kam der Referent auf JeanPhilippe Rameau zu sprechen, der wohl vielfältigste, brillanteste und produktivste Geist unter den französischen Musikern, der die Oper im lullyschen Geist, aber weit darüber hinaus fortentwickelte. An Beispielen aus Rameaus „Castor und Pollux“zeigte Riedlbauer die Modernität dieser Musik, erläuterte die Psychologie des Geschehens. Mit der wunderbar vielfältigen Ouvertüre zu „Platée“beendete er den musikalischen Teil.
Heiteres Rokoko
Elsbeth Berg erläuterte mit faszinierendem Kenntnisreichtum Bildbeispiele und deren malerische und farbliche Details und Bedeutungsfunktionen. Sie schilderte, wie die Statuen im Park von Versailles auf Basis von Zeichnungen von Nicolas Poussin im Stil des strengen Barocks entstanden. Die Expertin ging auf historische Hintergründe ein, erläuterte den Übergang vom eher steifen Barockstil zum heiteren und lockereren Rokoko. Der Wechsel wird deutlich anhand der Modedarstellungen und einer gleichsam neueren Gattung der Abbildungen galanter Feste. Dafür steht vor allem Antoine Watteau. Berg zeigte als prägnante Beispiele des Rokokomeisters dessen weltberühmten „Gilles“und das „Ladenschild des Kunsthändlers Gersaint.“Sie erzählt, dass manche Bilder nicht nur von einem Künstler gemalt seien, sondern dass „Spezialisten“für einzelne Motive mitgewirkt haben. Weitere Namen großer Rokoko-Meister waren an diesem Abend Pierre Boucher, Honoré Fragonard, der Boucher als dessen Schüler konzeptionell weiterentwickelt hatte und Jean Siméon Chardin. Der war ein bedeutender Kolorist, der seine Bilder in sanftes gleichförmiges Licht tauchte. Berühmt wurde er durch seine Stillleben und Genrebilder, die sich durch große Klarheit und Bescheidenheit auszeichnen.