Schwäbische Zeitung (Biberach)
Sorgen vor dem Wandel
Betriebsräte im Südwesten sehen Autokonzerne nicht für die kommenden Umbrüche gerüstet
STUTTGART - Der Umbruch in der Autoindustrie löst bei den Arbeitnehmern in Baden-Württemberg keine Panik aus, wohl aber Sorgen. So lautet das Fazit der Betriebsräte von 125 Unternehmen mit insgesamt mehr als 220 000 Beschäftigten. Rund die Hälfte der Befragten halten ihren Betrieb für nicht oder nur teilweise auf den technischen Wandel vorbereitet. „Die Vorbereitung auf das, was da kommt, ist noch unzureichend“, sagte IG-Metall-Landesbezirksleiter Roman Zitzelsberger bei der Vorstellung einer Umfrage am Freitag in Stuttgart.
„Die Bestandsaufnahme belegt unsere Vermutung, dass die Standorte extrem unterschiedlich von Veränderungen betroffen sein werden“, sagte Zitzelsberger. Vor allem die Betriebsräte von Unternehmen, die vom Verbrennungsmotor abhängen, erwarten massive Veränderungen. Besonderen Fokus legte der IG-Metall-Landeschef auf die Zulieferer für Motoren, Antriebsstränge und Aggregate wie Klimaanalagen. In diesen Bereichen erwarten rund die Hälfte der Betriebsräte negative bis sehr negative Auswirkungen auf die Zahl der Beschäftigten. „Konflikte über Standorte, Investitionen und Beschäftigung sind absehbar“, erklärte Zitzelsberger.
Bernd Haußmann, Betriebsratsvorsitzender der Heller Maschinenfabrik in Nürtingen, sagte, er gehe von einem qualitativen, aber nicht von einem quantitativen Wachstum in seinem Betrieb aus. An einen plötzlichen Wandel hin zum Elektromotor, wie ihn der jüngste Hype habe vermuten lassen, glaube er nicht. „Wir gehen davon aus, dass der Verbrenner für uns noch mindestens zehn Jahre unser Hauptgeschäft sein wird.“
Auch der Automobilzulieferer Mahle aus Stuttgart sei verunsichert gewesen, als vor Kurzem alle nur noch von Eelektromobilität sprachen, erklärte Gesamtbetriebsratschef
Uwe Schwarte. „Wir hängen sehr stark am Verbrenner.“Die Transformation hin zu anderen Antriebstechniken werde sicher auch für manchen Mahle-Standort sehr schwierig werden.
Zitzelsberger lobte die Landesregierung dafür, dass sie das Thema Transformation aufgegriffen habe. Darauf verwies auch Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). Ziel sei es, Wertschöpfung und Arbeitsplätze
mindestens zu erhalten. „Mit dem Strategiedialog Automobilwirtschaft des Landes und dem im Wirtschaftsministerium angesiedelten Transformationsrat haben wir hierfür eine hervorragende Basis geschaffen“, sagte die Ministerin.
Einigkeit mit der IG Metall bestehe auch im Ziel, eine Großserienfertigung für Batteriezellen in Deutschland, idealerweise in Baden-Württemberg zu schaffen. Das betonte auch die SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier. „Wir setzen uns ausdrücklich dafür ein, dass eine Zellfabrik der Zukunft hier in Baden-Württemberg gebaut wird.“Laut Zitzelsberger ist der Südwesten traditionell stark in den Bereichen Forschung und Entwicklung. „Was wir in BadenWürttemberg schon immer konnten, ist Trends zu setzen.“Wichtig sei, dieses Wissen dann auch mit der Wirtschaft zu teilen.