Schwäbische Zeitung (Biberach)
Klimawandel – Was droht uns in Oberschwaben?
Starkregen mit Hagel und Überschwemmung in Biberach, Missernten durch Spätfröste bei den Obstbauern und neue Hitzerekorde in kurzer Folge – für Roland Roth Beweise, die den Klimawandel auch in Oberschwaben eindeutig belegen. „Wir stehen nicht davor, wir sind bereits mittendrin“, sagt der Schussenrieder, der vor fast 50 Jahren mit seinen Wetteraufzeichnungen begann und der mit seiner Wetterwarte Süd inzwischen als „Wetterpapst Oberschwabens“gilt.
„Nie hätte ich gedacht, dass der Nordpol während meiner Lebenszeit eisfrei sein wird“, sagt Roth, „jetzt geht alles schneller als wir noch vor 35 Jahren dachten.“In 20 bis 30 Jahren werde es Deutschlands einzigen Gletscher auf der Zugspitze nicht mehr geben. Weggeschmolzen, wie viele andere Alpengletscher auch. „Die Folgen sehen wir heute schon: Es kommt zu Erdrutschen, weil der Permafrost auftaut und der Untergrund in Bewegung gerät.“Der Bodensee, der bedingt durch die Gletscher- und Schneeschmelze bislang im Juni seinen Höchststand erreicht, werde dieses Wasser künftig nicht mehr in dem Maße erhalten. „Der Wasserstand wird niedriger sein, was auch Auswirkungen auf die Rheinschifffahrt hat“, so Roth. Dass sich das Klima verändert, das gab’s doch schon immer. Ein Satz, der dem Wetterexperten die Zornesröte ins Gesicht treibt. „Natürlich hat es Klimaschwankungen in der Erdgeschichte immer gegeben, den Wechsel zwischen Eisund Warmzeiten“, sagt Roth. Neu sei aber, dass dies in den vergangenen 30 Jahren im Zeitraffer stattfinde. „Wir haben seit den 1980erJahren dieselbe Erwärmung, wie sie nach der letzten Eiszeit in Hunderten von Jahren vor sich gegangen ist.“Für Roth ein untrügliches Zeichen, dass der Mensch seine Finger im Spiel hat. Er nennt die Stichworte Abholzung der Regenwälder und Treibhauseffekt, der durch Spurengase, darunter Industrieund Autoabgase, hervorgerufen wird. Das alles hat eine Erwärmung der Atmosphäre zur Folge. „In Oberschwaben beträgt diese Erwärmung momentan etwa 1,5 Grad Celsius im Vergleich zu den Temperaturen von vor 100 Jahren. „Eine wärmere Luft nimmt mehr Wasserdampf auf, was in der Folge zu ausgeprägteren Wetterextremen führt.
Die Folgen davon sind für Roth in Oberschwaben sichtbar: Hagelunwetter wie im Sommer 2016, Spätfröste wie in diesem Frühjahr, die die Obsternte schmälern und die Saftpreise steigen lassen. Hinzu kommen Stürme wie „Vivien“und „Wiebke“, die innerhalb weniger Stunden mehr Schaden angerichtet haben, als alle Stürme der vergangenen 100 Jahre insgesamt. Hitzewellen mit immer neuen Temperaturrekorden belasten den Kreislauf von Menschen, die dafür anfällig sind. Die Konsequenz daraus muss sein, so Roth, „dass man bei der Stadtplanung darauf achtet, dass es Frischluftschneisen für die Innenstädte gibt“.
Mit dem Verzicht auf unnötige Autofahrten und Flugreisen könne jeder im Kleinen dazu beitragen, den Klimawandel zu begrenzen, sagt Roth, „verhindern lässt er sich jedoch nicht mehr“.