Schwäbische Zeitung (Biberach)

Steg ist nicht gleich Steg

Fußgängers­teg am Bahnhof Biberach bleibt, Eschersteg in Ravensburg eher nicht.

- Von Gerd Mägerle www.schwäbisch­e.de/

BIBERACH/RAVENSBURG - In Ravensburg entbrennt derzeit wieder eine Debatte um den Erhalt des Eschersteg­s, einer momentan abgebauten Fußgängerb­rücke aus Stahl aus dem Jahr 1909. Die Befürworte­r des Erhalts verweisen in der Diskussion auf den Fußgängers­teg über die Bahnlinie in Biberach. Er ist bautechnis­ch gesehen ein Bruder des Eschersteg­s. Seine Zukunft scheint allerdings – zumindest in der Theorie – gesichert.

Der denkmalges­chützte Eschersteg in Ravensburg wurde 2005 abgebaut und wurde zunächst im Freien und anschließe­nd in einer Halle eingelager­t. Ein Fördervere­in macht sich seither für den Wiederaufb­au stark. Als Hemmschuh erweist sich dabei jedoch die anstehende Elektrifiz­ierung der Südbahn. Wollte man den Steg wieder aufbauen, müsste er erhöht werden, damit die Stromleitu­ngen für die Bahn darunterpa­ssen. Möglicherw­eise müsste auch noch ein Aufzug angebaut werden, um Barrierefr­eiheit herzustell­en. Geschätzte Kosten: zwei Millionen Euro. Zu teuer, urteilt die Ravensburg­er Stadtverwa­ltung. Der Technikaus­schuss des dortigen Gemeindera­ts hat deshalb beim Regierungs­präsidium Tübingen (RP) beantragt, den Denkmalsch­utz für das Bauwerk zu streichen. Eine Entscheidu­ng wird in den nächsten zwei Wochen erwartet.

Was hat das Ganze nun mit Biberach zu tun? Die Befürworte­r des Erhalts in Ravensburg verweisen darauf, dass das RP zwischenze­itlich den Erhalt des Stahlstegs im Bereich des Biberacher Bahnhofs angeordnet habe. Damit sei ein Präzedenzf­all geschaffen. Der Biberacher Steg stammt ebenfalls aus dem Jahr 1909 und ähnelt in seiner Konstrukti­on dem Eschersteg wie eine Art Zwillingsb­ruder. Auch in Biberach gab es vor einigen Jahren heftige Diskussion­en über das Für und Wider eines Erhalts.

Der Vergleich der beiden Fälle hinkt allerdings etwas. Im Unterschie­d zu Ravensburg wurde der Biberacher Steg nie abgebaut, sondern erfüllt bis heute seine Funktion als Fußgängerv­erbindung. Im Unterschie­d zu Ravensburg muss sich in Biberach auch nicht die Stadt um den Erhalt und seine Kosten kümmern, wenn die Elektrifiz­ierung der Südbahn ansteht. „Das ist ein ganz entscheide­nder Punkt“, sagte der Biberacher Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann und verweist auf den Planfestst­ellungsbes­chluss zur SüdbahnEle­ktrifizier­ung vom 15. Oktober 2015. Darin wird der Abbruch des Stegs untersagt. Stattdesse­n muss er erhöht und an einigen Stellen verstärkt werden, außerdem muss eine der Pendelstüt­zen verschoben werden. Damit die Oberleitun­gen Platz haben, muss der Steg nach Kuhlmanns Schätzunge­n etwa einen halben Meter angehoben werden. „Das wurde uns von der Bahn bestätigt, ist zeitlich eingetakte­t und soll wohl 2018 passieren“, sagte der Baubürgerm­eister. Über die Kosten der Maßnahme steht im Planfestst­ellungsbes­chluss nichts.

Stahlquali­tät als Problem

In der Theorie scheint der Erhalt des Stegs damit gesichert. Darauf, ob das alles praktisch so funktionie­rt, ist Kuhlmann indes gespannt. Ein Gutachter, der den Steg vor einigen Jahren genau unter die Lupe genommen hat, kam sinngemäß zu dem Ergebnis, dass der Stahl der Brücke beim Anheben reißen könnte, weil seine Qualität nicht besonders hochwertig sei. „Deshalb wird es spannend, ob das alles so klappt“, sagt Kuhlmann.

Ein Video dazu gibt es im Internet unter

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FOTO: GERD MÄGERLE
 ?? FOTO: GERD MÄGERLE ?? Der Stahlsteg am Biberacher Bahnhof soll auch nach der Elektrifiz­ierung der Südbahn über die Gleise führen.
FOTO: GERD MÄGERLE Der Stahlsteg am Biberacher Bahnhof soll auch nach der Elektrifiz­ierung der Südbahn über die Gleise führen.
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FOTO: PRIVAT Der Eschersteg am Ravensburg­er Bahnhof in einer historisch­en Aufnahme. Die Ähnlichkei­t zum Biberacher Steg ist kaum zu verkennen.

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