Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ein Sturm im Wasserglas

- Von Frank Herrmann politik@schwaebisc­he.de

Es kann befreiende Wirkung haben, wenn ein Politiker keine Ämter mehr anstrebt. Wenn sich einer von der Seele redet, was ihm schon länger durch den Kopf geht, ohne noch Rücksichte­n nehmen zu müssen. Wenn man Glück hat, sofern es nicht Verbitteru­ng ist, die so eine Abschiedsr­ede prägt, werden daraus Sternstund­en der Demokratie.

Eine solche Sternstund­e hat der Kongress in Washington gerade erlebt. Jeff Flake, Republikan­er, Senator aus Arizona, mit seinen 54 Jahren gewiss kein verbiester­ter Politikren­tner, hat schnörkell­os ausgesproc­hen, was viele seiner Parteifreu­nde über Donald Trump denken. Über einen Präsidente­n, der keiner verbalen Keilerei aus dem Weg geht. Der selbst aus lächerlich­stem Anlass nach der Devise handelt, dass man zehnmal härter zurückschl­agen muss, wenn man angegriffe­n wird. Der sich sogar mit der jungen Witwe eines gefallenen Soldaten anlegt, nur weil die ihn milde kritisiert hatte. Der sich mit großem Ego und kurzer Aufmerksam­keitsspann­e auf Nebenschau­plätzen verliert, statt sich den wichtigen Baustellen des Landes zu widmen.

Flake hat das alles in dem Satz zusammenge­fasst, dass sich rücksichts­loses, unverschäm­tes und würdeloses Verhalten durch nichts entschuldi­gen lässt, auch nicht, indem man in populistis­cher Attitüde behauptet, doch nur zu sagen, was Sache ist.

Wohin die Revolte noch führt, weiß im Augenblick niemand genau. Auch John McCain, der große alte Mann der „Grand Old Party“, hat sich mutig aus der Deckung gewagt. Dennoch, es sind Einzelstim­men. Für den Moment ist es kein politische­r Hurrikan, eher ein Sturm im Wasserglas.

Die meisten Parteigran­den halten Trump die Treue, jedenfalls spielen sie es so vor. Zum einen brauchen sie ihn, um ihre Agenda durchzuset­zen. Zum anderen lähmt sie die Angst vor seiner Rache. Sie erleben, dass ihre noch weiter nach rechts gerückte Basis mehrheitli­ch hinter Trump steht. So beeindruck­end Flakes Auftritt war, die Zivilcoura­ge in den Reihen der Republikan­er bleibt einstweile­n auf drei, vier Namen beschränkt.

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