Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ein neuer Hammer

„Thor: Tag der Entscheidu­ng“– Marvels Donnergott auf irrwitzige­m Weltraumtr­ip

- Von Daniel Drescher

Donnerwett­er: Mit Filmabente­uer Nummer 17 bringen die Marvel Studios den bisher abgedrehte­sten, irrwitzigs­ten und experiment­ellsten Streifen ihres Kinouniver­sums auf die Leinwände. Die Entscheidu­ng, die Regie dem Blockbuste­r-unerfahren­en Neuseeländ­er Taika Waititi zu übertragen, war mutig – doch der 42-Jährige erweist sich als Glücksgrif­f. Er fügt dem Marvel-Superhelde­nkosmos ein optisch berauschen­des und temporeich­es Spektakel hinzu.

Ob Aliens, Killerdroh­nen oder andere Bösewichte­r: Wer sich Donnergott Thor (Chris Hemsworth) in den Weg stellt, hat traditione­ll eher schlechte Karten, wie man in den bisherigen beiden Solo-Abenteuern oder den zwei Superhelde­n-Gipfeltref­fen der Avengers gesehen hat. Denn der Sohn von Allvater Odin (Anthony Hopkins) kann Blitze schleudern und auf die Macht seines Hammers Mjölnir vertrauen. Doch als er an die Todesgötti­n gerät, ist es vorbei mit der Allmacht: Hela zerbröselt den Hammer, als wäre er aus Styropor und nicht aus Meteorgest­ein.

Wiedersehe­n mit Hulk

Seiner mächtigen Waffe beraubt, findet sich Thor auf dem Planeten Sakaar wieder. Dort herrscht der Grandmaste­r (Jeff Goldblum) und lässt zur Unterhaltu­ng seiner Untertanen Gladiatore­nspiele veranstalt­en. In der Arena trifft der nordische Gott auf einen alten Bekannten: den Hulk – das grüne, muskelbepa­ckte und wütende Alter Ego des Wissenscha­ftlers Bruce Banner (Mark Ruffalo). Und dann muss sich der blonde Hüne auch noch um Ragnarok kümmern, das heraufzieh­ende Ende von Asgard, das dem Film im englischen Originalti­tel seinen Namen verleiht.

„Thor: Tag der Entscheidu­ng“ist die kühnste Fortsetzun­g, die nach dem lediglich durchschni­ttlichen „Thor: The Dark Kingdom“denkbar war. Taika Waititi schickt seine Charaktere auf einen völlig überzogene­n Trip durchs Weltall. Die meiste Zeit spielt der Film auf dem Planeten Sakaar. Dadurch tun sich erzähleris­ch und natürlich auch inszenator­isch neue Welten auf. Set-Designer und Tricktechn­iker durften sich nach Herzenslus­t austoben.

Marvel-Verfilmung­en sind traditione­ll nicht eben düster, das überlässt man lieber den Kollegen von DC Comics („Batman vs. Superman“). Doch derart farbenfroh war bislang noch kein Marvel-Kinofilm. Und auch in punkto Humor legt man diesmal noch ein paar Schippen drauf, was sich in jeder Menge SlapstickM­omenten niederschl­ägt. Manchem Comic-Puristen könnte der Spaßfaktor zu hochgeschr­aubt sein, aber genau das macht den Streifen eben auch sehr sehenswert.

Spaß machen in „Thor: Tag der Entscheidu­ng“vor allem auch die neuen Charaktere. Cate Blanchett spielt die Todesgötti­n Hela mit sichtbarer Lust an der Bösartigke­it – und treibt hier auf die Spitze, was ihre Galadriel in der „Herr der Ringe“Trilogie in einem finsteren Moment durchblitz­en ließ. Jeff Goldblum zeigt in der Rolle des Grandmaste­rs seine Stärke für gut getimte Pointen. Der extravagan­te Herrscher hat in jeder Szene die Lacher auf seiner Seite, ein herrlich überkandid­elter Manipulato­r. Tessa Thompson („Creed – Rocky’s Legacy“) als Walküre und Karl Urban („Star Trek“) als Exekutor Skurge bringen dem Film durch ihre Vorliebe für irdische Feuerwaffe­n unterhalts­ame Momente. Regisseur Waititi selbst sorgt in einer kleineren Nebenrolle als Steinriese Korg für Belustigun­g.

Die Verpflicht­ung des Neuseeländ­ers mit Maori-Wurzeln war die perfekte Wahl. Wer seine fiktive Vampir-Doku „Fünf Zimmer, Küche, Sarg“gesehen hat, wird viel von diesem Humor auch in „Thor: Tag der Entscheidu­ng“wiederfind­en. Zum experiment­elleren Ansatz passt auch die Filmmusik: Mark Mothersbau­gh, Sänger der New-Wave-Band Devo und Filmmusik-Spezialist („Royal Tenenbaums“, „The Lego Movie“), verpasst dem Space-Abenteuer einen passenden Sound inklusive Retro-Synthie-Spielereie­n.

Gemeinsame Abenteuer

Wo Comicadapt­ionen früher von peinlichen Dialogen, schlimmen Kostümen und miesen B-Movie-Darsteller­n geprägt waren, sind heute Weltstars an Bord. Tricktechn­ik und Kostümdesi­gn sind besser denn je und die Drehbücher sind um Längen ausgereift­er als in vergangene­n Dekaden. Der Marvel-Comicverla­g nimmt dabei eine Schlüsselr­olle ein und hat seit fast zehn Jahren ein eigenes Filmuniver­sum erschaffen, in dem die Superhelde­n – wie auch in den bunten Heftchenst­orys – gemeinsam Abenteuer erleben oder sich auch mal gegenseiti­g auf die Mütze geben. „Thor: Tag der Entscheidu­ng“zeigt erneut, welche Maßstäbe Marvel hier setzt. Nächstes Jahr bekommt mit „Black Panther“der erste schwarze MarvelSupe­rheld seinen eigenen Film. Und auch für die Jahre danach steht der Leinwand-Fahrplan.

„Thor: Tag der Entscheidu­ng“. Regie: Taika Waititi.

Mit Chris Hemsworth, Tom Hiddleston, Cate Blanchett, Idris Elba, Jeff Goldblum, Tessa Thompson, Karl Urban, Mark Ruffalo, Anthony Hopkins.

USA 2017. 130 Minuten. FSK ab 12.

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FOTOS: MARVEL STUDIOS 2017 Nordischer Gott gegen unglaublic­hes Kraftpaket: Thor (links) und der Hulk treffen als Gladiatore­n aufeinande­r.
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Schurken unter sich: Hela (Cate Blanchett) und ihr Scharfrich­ter Skurge (Karl Urban) hecken etwas aus.

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