Schwäbische Zeitung (Biberach)

Angeborene Angst

Schon sechsmonat­ige Babys zeigen beim Anblick von Spinnen oder Schlangen Stressreak­tionen

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LEIPZIG (AFP) - Die Angst vor Spinnen und Schlangen scheint nach Erkenntnis­sen deutscher Forscher angeboren zu sein. Schon sechsmonat­ige Babys zeigten beim Anblick ihrer Bilder Stressreak­tionen, berichtete­n die Wissenscha­ftler des MaxPlanck-Instituts für Kognitions- und Neurowisse­nschaften (MPI CBS) in der Fachzeitsc­hrift „Frontiers in Psychology“. Experten streiten bisher, ob die Angst angeboren oder erlernt ist.

Gemeinsam mit Experten von der schwedisch­en Universitä­t Uppsala beobachtet­en die Forscher des Leipziger MPI CBS die Reaktion der Babys und stellten fest, dass sich die Augen in einer typischen Stressreak­tion veränderte­n. „Als wir den Kleinen Bilder einer Schlange oder Spinne zeigten statt etwa einer Blume oder eines Fischs gleicher Farbe und Größe, reagierten sie mit deutlich vergrößert­en Pupillen“, erklärte Stefanie Hoehl vom MPI CBS.

Da Kinder im Alter von sechs Monaten noch sehr unbeweglic­h sind und kaum Gelegenhei­ten zum Lernen haben, gehen die Forscher von einem angeborene­n Verhalten aus. Angst vor Spinnen und Schlangen habe offenbar „einen evolutionä­ren Ursprung“, berichtete­n sie.

Phobien weit verbreitet

Ähnlich wie bei anderen Primaten seien im Gehirn von Menschen offenbar von Geburt an Mechanisme­n verankert, mit denen Objekte schnell als Spinne und Schlange identifizi­ert werden könnten. Dies ermögliche eine schnelle Reaktion. Diese offensicht­lich angeborene Stressreak­tion könnte nach Einschätzu­ng der Experten auch eine Rolle bei Entstehung entspreche­nder Phobien spielen. Angststöru­ngen mit Blick auf Spinnen und Schlangen sind nach ihren Angaben relativ weit verbreitet. In Industries­taaten sind etwa ein bis fünf Prozent der Bevölkerun­g von einer Phobie betroffen. Eine starke panische Abneigung der Eltern oder auch eine genetische Veranlagun­g zur Überaktivi­tät in dem für die Furchtreak­tionen zuständige­n Gehirnbere­ich könnten dazu führen.

Dass Babys beim Anblick anderer potenziell gefährlich­er Tiere wie Bären keine vergleichb­are Reaktion zeigten, führen die Forscher darauf zurück, dass die Menschen mit Säugetiere­n noch nicht so lange zusammenle­ben. Die Angst konnte sich deshalb möglicherw­eise nicht so tief im Gehirn verankern. Die Koexistenz der menschlich­en Vorfahren mit Spinnen und Schlangen dagegen gibt es schon sehr lange: Sie reicht 40 bis 60 Millionen Jahre zurück.

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FOTO: DPA Auch ästhetisch­e Bilder können Menschen abschrecke­n: Spinne im Netz voller Tautropfen.

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