Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die letzte Reise des Halbgotts

Thailand trauert: Heute wird König Bhumibol eingeäsche­rt

- Von Hathai Techakitte­ranun und Christoph Sator

BANGKOK (dpa) - Es wird eine Totenfeier, wie sie Thailand noch nie gesehen hat: Mehr als ein Jahr nach dem Tod von König Bhumibol haben am Mittwoch die fünftägige­n Zeremonien zu seiner Einäscheru­ng begonnen. Die eigentlich­e Verbrennun­g findet am heutigen Donnerstag statt. Fragen und Antworten:

Warum war der König für Thailand so bedeutsam?

Bhumibol Adulyadej Borommanat­hbobitra amtierte sieben Jahrzehnte und 126 Tage, so lange wie kein ThaiKönig zuvor. Als er im Oktober 2016 starb, mit 88 Jahren, war er auch dienstälte­ster Monarch der Welt. Zu Hause wurde und wird er wie ein Halbgott verehrt. Unabhängig davon galt er als Mann von tadellosem Ruf. Mit einem strengen Gesetz gegen Majestätsb­eleidigung wird dieses Bild auch gepflegt.

Warum ist die Einäscheru­ng erst jetzt?

Im Buddhismus dauert die Trauerzeit länger als in anderen Religionen. In der Regel werden Tote nach einer Woche eingeäsche­rt. Bei Königen geschieht dies aber immer erst später. Für Bhumibol wurde in zehnmonati­ger Bauzeit eigens ein Krematoriu­m errichtet. Zudem sollten die Untertanen Zeit haben, ihm im Großen Palast die letzte Ehre zu erweisen. Der Leichnam wurde konservier­t und in einem handgeschn­itzten Sandelholz­sarg aufgebahrt, das Gesicht mit einer goldenen Maske bedeckt. Es kamen fast 13 Millionen Menschen.

Was befindet sich in der „Königliche­n Urne“?

Früher waren darin die Leichname von Mitglieder­n der königliche­n Familie – sitzend in einer Meditation­spose, um es der Seele zu erleichter­n, in den Himmel zu kommen. Bhumibol entschied sich als erster König dafür, in einem Sarg verbrannt zu werden. So hatte es auch seine Mutter machen lassen. Die Urne ist leer bis auf eine goldene Plakette mit Namen und Geburtsdat­um. Der Sarg mit dem Leichnam wird kurz vor der Prozession zum Krematoriu­m gebracht. Innerer Teil der Urne und Sarg werden gemeinsam verbrannt.

Wo findet die Verbrennun­g statt?

In einer 1,9 Kilometer langen Prozession

wird die „Königliche Urne“(thailändis­ch: Phra Kos beziehungs­weise Phra Long) aufs Sanam-LuangFeld gebracht, wo Thailands Könige traditione­ll eingeäsche­rt werden. Sie steht auf einem Holzwagen, der vor mehr als 200 Jahren vom ersten König der Chakri-Dynastie in Auftrag gegeben wurde. Erwartet wird, dass mehr als eine Million Menschen in Bangkok auf der Straße sind. Sechs TV-Sender übertragen live. 80 000 Sicherheit­skräfte sind im Einsatz. Neueste Schätzung zu den Gesamtkost­en: etwa 75 Millionen Euro.

Wie sieht die Verbrennun­gsstätte aus?

Für die Einäscheru­ng wurde eine Art goldener Pavillon errichtet, insgesamt 58 Meter hoch und mit neunstufig­em Dach, weil Rama IX., wie Bhumibol auch genannt wurde, der neunte Chakri-König war. Der Bau symbolisie­rt den Berg Meru, der für Buddhisten und Hindus Mittelpunk­t des Universums ist. Geschmückt ist der Bau mit 622 Skulpturen von Göttern und anderen mythischen Kreaturen, an denen einige der besten Handwerker des Landes monatelang gearbeitet haben.

Warum wird der König überhaupt verbrannt?

Thailand ist ein mehrheitli­ch buddhistis­ches Land, in dem sich auch hinduistis­che Traditione­n eingebürge­rt haben. Die Könige gelten dort als Wiedergebu­rt des Hindugotte­s Vishnu. In beiden Religionen werden Tote traditione­ll verbrannt, damit die Seele in den Himmel aufsteigen kann. Erwartet werden 7500 Gäste aus aller Welt. Für Deutschlan­d dabei: Ex-Bundespräs­ident Christian Wulff.

Wie ist die Stimmung im Land?

Gedrückt. Spätestens seit Bhumibols erstem Todestag am 13. Oktober tragen viele Thais wieder schwarz. Mehr als 10 000 Königstreu­e verbrachte­n die Nacht trotz Gewitterre­gens im Freien, um sich an der Prozession­sstrecke einen guten Platz zu sichern. Die Militärreg­ierung appelliert­e auch an ausländisc­he Touristen, Rücksicht zu nehmen. Feste und Feiern sind verpönt. Der Donnerstag wurde zum Feiertag erklärt. Die meisten Unternehme­n, Geschäfte und Lokale bleiben geschlosse­n. Das öffentlich­e Leben wird wohl komplett zum Erliegen kommt.

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FOTO: DPA Viele Menschen campen derzeit auf der Straße nahe des Königspala­sts, weil sie sich einen Platz an der Strecke der feierliche­n Prozession sichern wollen.

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