Schwäbische Zeitung (Biberach)
Netzwerktreffen zum Thema „Vertrauliche Geburt“
Schwangerschaftsberatungsstellen im Landkreis Biberach stehen betroffenen Frauen und Angehörigen zur Seite
BIBERACH (sz) - Auf Initiative der kommunalen Schwangerschaftsberatungsstelle im Kreisgesundheitsamt und der katholischen Schwangerschaftsberatungsstelle der Caritas fand kürzlich im Landratsamt Biberach ein Fachtreffen zum Thema „Vertrauliche Geburt“statt. Ziel dieses Treffens war es, alle Akteure, die mit einer vertraulichen Geburt in Kontakt kommen könnten, zu vernetzen.
Neben den Schwangerschaftsberaterinnen waren die Amtsleitungen des Kreisgesundheitsamts, des Sozialamts und des Jugendamts, der Chefarzt und die leitende Hebamme der Frauenklinik Biberach, niedergelassene Gynäkologinnen, Familienhebammen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Adoptionsvermittlungsstelle des Jugendamts, des Standesamts und des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) anwesend.
Die Vernetzung der verschiedenen Institutionen garantiert auch bei der vertraulichen Geburt eine reibungslose Zusammenarbeit und ermöglicht den betroffenen Schwangeren die bestmögliche Versorgung und Begleitung. Seit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Mai 2014 sind bis Juni 2017 bundesweit 345 Kinder unter dem Schutz einer vertraulichen Geburt zur Welt gekommen. Im Landkreis Biberach war bisher noch keine vertrauliche Geburt zu verzeichnen. Das Gesetz richtet sich an Frauen und Mütter in konflikthaften Lebenssituationen und soll gefährliche Geburten, Aussetzung oder Tötung eines Säuglings direkt nach der Geburt verhindern. Die Frauen können bei der Geburt anonym bleiben. Das Neugeborene wird zur Adoption freigegeben. Im Alter von 16 Jahren hat das Kind das Recht, seine wahre Herkunft zu erfahren.
Im Idealfall sucht die betroffene Frau vor der Entbindung eine Schwangerschaftsberatungsstelle auf, wo ihr Lösungswege und Hilfsangebote für ihre Situation aufgezeigt werden. Bei dieser Beratung kann sie sich auch für die Möglichkeit einer vertraulichen Geburt entscheiden. Es ist auch denkbar, dass eine Frau direkt in die Klinik geht mit dem Wunsch einer vertraulichen Geburt. In diesem Fall muss von dort aus die Schwangerschaftsberatungsstelle unverzüglich eingeschaltet werden. Die betroffene Frau wählt ein Pseudonym aus, unter welchem sie ab diesem Zeitpunkt bis zur Geburt auftritt. Ihre wahre Identität ist nur der Schwangerschaftsberaterin bekannt. Diese ist in diesem Verfahren federführend, ohne sie ist eine vertrauliche Geburt nicht durchführbar. Die Daten werden in einem Herkunftsnachweis aufgenommen und beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben aufbewahrt. Die Frau bleibt gegenüber allen anderen, mit der Geburt befassten Institutionen anonym. Die Mutter hat bis zum Abschluss der Adoption – erfahrungsgemäß nach circa einem Jahr – zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit, ihre Anonymität aufzugeben und sich für ein Leben mit ihrem Kind zu entscheiden.
Den Referentinnen der Schwangerschaftsberatungsstellen war es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung einer Frau, ihr Kind unter dem Schutz der vertraulichen Geburt zu entbinden, eine sehr verantwortungsvolle ist. Die Schwangere und das Ungeborene sind in diesem Fall medizinisch gut versorgt und das Kind kann sicher im Krankenhaus zur Welt kommen. Darüber hinaus hat das Kind dadurch die Möglichkeit, später seine wahre Herkunft zu erfahren.